London:Messerscharf

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Tony Parsons: Dein finsteres Herz. Aus dem Englischen von Dietmar Schmidt. Lübbe Verlag, Köln 2014. 384 Seiten, 14,99 Euro. E-Book 11,99 Euro.

Detective Constable Max Wolfe hat es nicht leicht. Er muss sich in "Dein finsteres Herz", dem ersten Krimi des Journalisten und Romanciers Tony Parsons, mit brutalen Verbrechen der Gegenwart herumschlagen - und dazu mit den Geistern der Geschichte.

Von Fritz Göttler

Es ist hart für Detective Constable Max Wolfe, sehr hart. Nachts schläft er schlecht, wacht früh auf, viel zu früh, auf den Tag wartend, "ehe der Tag auch nur eine Chance gehabt hatte zu beginnen". Manchmal steht er auf, geht zum Wandschrank mit den Schuhen und Kostümen, weiße Baumwolle, orange Seide, blaues Batik, dünnes Zeug besprenkelt mit Silber. "Weich wie eine Feder, leicht wie ein Seufzen. Ich breite die Arme aus und lasse mich vorsichtig hineinfallen, drücke mein Gesicht gegen ihre Kleider, ihre Essenz, das alte Leben." Max' Frau ist gestorben, nun lebt er allein mit der fünfjährigen Tochter und dem Hund Stan, in einem großen Loft gegenüber dem alten Fleischmarkt Smithfield, aus dem Fenster sieht man die Kuppel von St. Paul's Cathedral. Scout heißt die Tochter, wie die von Atticus Finch, dem Anwalt, in Harper Lees berühmtem Roman "Wer die Nachtigall stört".

Max Wolfe kämpft gegen Depression, gegen Sentimentalität, gegen Larmoyanz. Und muss sich mit brutalen Verbrechen aller Art herumschlagen, Rachegeschichten mit traditionellen Motiven - Kriege spielen hier herein, der Zweite Weltkrieg und der in Afghanistan -, aber auch Selbstmordanschläge junger Terroristen in London. Der ominöse Bob der Metzger droht der Welt per Internet: "Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten." Dann wird ein Banker ermordet, "die Vorderseite seines Halses war komplett aufgeschnitten, mit der sauberen Präzision eines Chirurgen oder Metzgermeisters zertrennt und geöffnet", im Hintertreppenhaus auf der Wand steht das Wort "Schwein". Kurz darauf ein zweiter Mord unter den gleichen Umständen, an einem Obdachlosen. Eine alte Fotografie taucht auf, sieben Jungs in dem Internat Potters Field, es gab eine Vergewaltigung, einen gemeinen Mord. "Nein, keine Männer - Jungen, die nicht mehr sonderlich lange Jungen sein würden."

"Dein finsteres Herz" (Original: "The Murder Bag") ist der erste Krimi des TV-Journalisten und Romanautors Tony Parsons. Ein Buch der Rückzüge, trauriger Gespräche zwischen Menschen, die ratlos sind in ihrer Einsamkeit. Max Wolfe verzieht sich am liebsten an wenig aufgesuchte Orte - ins "Black Museum" etwa, der Lehr-Sammlung von Scotland Yard - zeigt das Buschmesser der Brüder Kray, einen Flammenwerfer, den die IRA benutzte. Die Objekte sprechen mehr als die Menschen, die befragt werden. Lapidar ist die Lektion dieses Buches: "Die Toten lügen nicht."

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