Little Britain:Bilder, Löcher, Rauch

In englischen Miet-Wohnungen sind allerlei Regeln zu beachten. Eine Sache ist wirklich absolut verboten, weshalb unser Kolumnist vor der jährlichen Kontrolle des Vermieters mit Duftkerzen, Geruchskillern und stark riechenden Blumen arbeitet. Ganz zum Schluss setzt er dann noch seine dreifaltige Geheimwaffe ein.

Christian Zaschke, London

A cigarette lies in ashtray in front of a pub in Bensheim

In Londoner Mietwohnungen ein No Go: Zigarette und Aschenbecher.

(Foto: REUTERS)

Der Inspekteur klingelte. Ich öffnete, er zog seine Slipper aus, trat ein, schaute sich um, prüfte die Klospülungen, machte im Flur ein paar Fotos ("Ich darf doch?"), kam in die Küche, sah mich an. Schaute er skeptisch? Hatte er meinen Bluff durchschaut? Ich lächelte ein sehr unschuldiges Lächeln. Der Inspekteur lächelte zurück. "Das riecht aber gut", sagte er.

Es ist bestimmt nicht so, dass der Vermieter mir den Inspekteur ins Haus geschickt hat, weil er mir nicht traut. Ich bilde mir ein, dass der Vermieter mich mag. Nicht zuletzt, weil ich ihm jeden Monat einen Betrag überweise, von dem man halb Unna mieten könnte, und ich überweise ihn pünktlich. Dafür darf ich in dem zugigen Nord-Londoner 80-Quadratmeter-Schmuckstück mit dem unentfernbaren Fleck Vogelscheiße am Schlafzimmerfenster tun und lassen, was ich will. Zumindest fast. Ungern wird gesehen, wenn Mieter Bilder aufhängen. Als dreist gilt es, wenn Mieter Löcher in die Wände bohren. Und was überhaupt nicht geht, unter keinen Umständen, niemals und nie: rauchen. Das führt zur Sofortkündigung.

Nun waren meine ersten Amtshandlungen nach Einzug in die Wohnung natürlich, erst mal die Bilder aufzuhängen, dann mit meinem Metabo-Bohrhammer Löcher für die Schuhschränke in die Wände im Flur zu setzen, um anschließend in der Küche eine Zigarette zu rauchen. Ich rauche nur in der Küche, weil das Küchenfenster so undicht ist, dass der Raum auch bei geschlossenem Fenster immer frisch gelüftet ist. So lebte und rauchte ich froh, und so hätte ich glücklich bis ans Ende aller Tage weiterleben können. Dann kam die E-Mail: "Sicherlich Verständnis . . . jährliche Inspektion . . . ausgebildeter Inspekteur . . . bitte nochmals um Verständnis . . . kommt nächste Woche, hat zur Not selber Schlüssel."

Im örtlichen Kerzenfachgeschäft räumte ich die Duftkerzen-Abteilung leer. Im örtlichen Supermarkt kaufte ich Geruchskiller in allen Darreichungsformen. Beim örtlichen Floristen erstand ich ein Bouquet, das nicht nach Schönheit, sondern nach Geruch zusammengestellt war. Doch sie ging nicht weg, diese ganz leichte Andeutung des Geruchs nach Rauch. Ich würde die Wohnung verlieren. Am Tag der Inspektion zog ich mein letztes Ass. Frühmorgens stellte ich mich in die Küche und bereitete zum Frühstück Speck an Speck mit Speck, ohne die Dunstabzugshaube anzuschalten.

"Möchten Sie probieren", fragte ich den Inspekteur und zeigte wieder dieses sehr unschuldige Lächeln. Er lehnte dankend ab. "Alles in Ordnung", sagte er, als ich ihn zur Tür brachte. Dort schlüpfte er in seine Slipper. Er warf einen letzten, prüfenden Blick in den Flur. "Schöne Schuhschränke", sagte er, lächelte und ging.

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