Little Britain:Bests bestes Bier

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In Nordirland sagt man, George Best mochte sein Guinness. (Foto: AFP)

Über dem Belfaster Flughafen lernt auch der unerschrockenste Vielflieger das Selbstverständliche nie wieder als selbstverständlich hinzunehmen. Außer vielleicht die Tatsache, dass schon George Best auf sein in Irland gezapftes Guinness schwor.

Von Christian Zaschke, London

Wenn der Wind richtig steht, gleitet die Maschine zum Belfaster City-Airport über Belfast Lough, die Belfaster Förde. Man sieht vom Flugzeug aus Wasser, Wasser, Wasser, Wasser, Wasser, und just in dem Moment, in dem auch abgefeimteste Vielflieger, die bereits Landungen auf allen Höllenflughäfen der Erde und sogar in der Bucht von Barra in Schottland lässig grinsend hinter sich gebracht haben, im tiefsten Inneren ihrer Vielflieger-Seele zu der Überzeugung gelangen, dass der Pilot sich, die Besatzung und sämtliche Passagiere ohne Umschweife auf den Grund des Meeres zu befördern gedenkt, und daher, in ihren letzten Sekunden, im innigen Gebet schließlich doch zu Gott finden, materialisiert sich die Landebahn. Auch ich war nach der Landung immerhin entschlossen, das Selbstverständliche nie wieder als selbstverständlich hinzunehmen.

Einige Stunden später, gegen sieben Uhr abends, überredete ich F., auf ein Guinness in die Crown Bar zu schauen. Es gibt keinen schöneren viktorianischen Pub in Belfast. Genaugenommen gibt es kaum einen schöneren viktorianischen Pub im gesamten Vereinigten Königreich. In den Neunzigerjahren hatte ich dort das ein oder andere Guinness getrunken und selten bis nie einen Touristen erspäht. Damals gab es kaum Touristen in Belfast, und das lag nicht am Landeanflug zum City Airport. Wer damals als Tourist in Belfast war, hatte sich verirrt.

George Best und das beste Bier der Welt

Der City-Airport verfügt über einen großartigen Namenspatron. Es ist der beste Fußballer, den dieser liebenswerte Zipfel der Welt je hervorgebracht hat. George Best spielte nicht nur besser als jeder sonst, er trank auch mehr. Er spielte, trank, heiratete ein paar Miss Worlds, trank, wurde dick, trank, wurde dicker, trank, starb. Sein Name steht in einer sehr schwungvollen Schreibschrift über dem Eingang des Flughafens geschrieben: George Best. In Nordirland sagt man, er mochte sein Guinness.

Als F. und ich die Crown Bar betraten, fotografierten Menschen in Allwetterjacken die Barmänner. Die wenigen Gäste, die nicht nur fotografierten, sondern auch Getränke orderten, fragten nach "half-pints", eine Maßeinheit, die in diesem Landstrich nur pro forma existiert. Ich bestellte zwei Guinness. F. nahm einen Schluck und sagte, ehrlich begeistert: "Mhhmmmm."

Das Selbstverständliche: Wasser ist nass, der Himmel ist blau, Frauen haben Geheimnisse, auf der irischen Insel gezapftes Guinness ist das beste Bier der Welt. F. aber wandte sich zum Barmann und sagte: "Dieses Bier ist wirklich lecker. Wie heißt es?" Der Barmann lächelte wissend und sagte: "Wir nennen es Guinness."

© SZ vom 04.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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