Little Britain:Auf zwei Bier zum Engel

Welche Londoner U-Bahn-Station heißt am schönsten?

Die Londoner U-Bahn-Station Angel: "Wir beschlossen, dass wir diesen Namen beide ganz gut finden."

(Foto: Dan Kitwood/Getty Images)

Elephant & Castle, Gospel Oak oder Angel? Unser Kolumnist stellt sich den beiden großen Menschheitsfragen: Welche Londoner U-Bahn-Station den schönsten Namen trägt - und ob man zur Jeans ein Sakko tragen kann.

Von Christian Zaschke, London

Zu den wiederkehrenden Themen, die ich mit dem stets erstaunlichen G. beim Genuss eines schönen Feierabendbieres erörtere, zählen die sinnlos in der Landschaft herumstehenden Gegenstände in den Werken des Malers Joseph Mallord William Turner, die Tatsache, dass ich den unentfernbaren Vogelscheißfleck auf dem Schlafzimmerfenster meiner alten Wohnung doch mehr vermisse als erwartet, sowie die beiden großen alten Menschheitsfragen, ob man zur Jeans ein Sakko tragen kann und welche Londoner U-Bahn-Station den schönsten Namen hat.

Zu meinen Favoriten zählen Elephant & Castle, Morden und Barking, außerdem mag ich die Eichengruppe: Gospel Oak, Burnt Oak, Oakwood. G. schätzt Totteridge & Whetstone, Chalfont & Latimer, Hanger Lane, Upney und Pinner. Führe ich Island Gardens an, kontert er mit Swiss Cottage, wo es tatsächlich eine Art Schweizer Hütte gibt, in der unter anderem Bier aus Bayern ausgeschenkt wird, das wir aber aus Gründen, die gerade nichts zur Sache tun, noch nicht probiert haben. Von Swiss Cottage fährt man eine Station bis St. John's Wood, von wo es nur ein paar Schritte bis zur Abbey Road sind, auf der einst die Beatles einen Zebrastreifen beschritten. Es gibt auch eine Station namens Abbey Road, aber die liegt einige Tagesmärsche von der Abbey Road entfernt in West Ham.

Absurd oder klassisch elegant

In dieser Woche fuhren wir die 60 Meter lange Rolltreppe der Station Angel hinauf. Wir beschlossen, dass wir diesen Namen beide ganz gut finden, gingen rechts raus und unter Aufbietung einiger Willenskraft am Pub The York vorbei, hielten uns weiterhin halb rechts und durchschritten eine Gasse namens Camden Passage, in der sich lauter kleine Galerien sowie ein Restaurant mit dem zauberhaften Namen The Elk in the Woods angesiedelt haben. Schließlich erreichten wir das Camden Head. "Du wolltest ja grad zwei Bier holen", beschied G. Ich holte zwei Bier, während er draußen stand und sich eine dieser Zigaretten ansteckte, die ohne Brandbeschleuniger auskommen, weshalb er sehr kräftig an ihnen ziehen muss.

G. trug wie immer Jeans und Sakko. Ich vertrete die Ansicht, dass zur Jeans nur Sakko trägt, wer in der Don-Johnson-Phase steckengeblieben ist. G. hingegen findet sich klassisch elegant. Manchmal krempelt er die Hosenbeine seiner Jeans um. Wir tranken eine Weile vor uns hin, bis ich den fatalen Satz sagte, mit dem ich glaubte, in der Sakko- und in der U-Bahn-Debatte zugleich in Führung zu gehen. Ich sagte: "Jeans und Sakko zu tragen ist ungefähr so absurd, wie Theydon Bois gut zu finden." G. lächelte das sehr gelassene Lächeln eines Londoners, der nicht nur weiß, wo die Station Theydon Bois liegt, sondern auch, wie man sie richtig ausspricht.

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