Little Britain:Auf dem Pfad der Gerechten

Fahrrad-Camper sind die besseren Camper, zumindest aus ihrer eigenen Sicht. Die Wohnmobil-Camper hingegen sind die Bösen. Mit ihren Vehikeln in der Größe eines Linienbusses gelten sie als ultraweiche Weicheier, die man nicht grüßt.

Christian Zaschke, London

Von Keel auf Achill Island über Mulrany nach Newport und weiter nach Westport, wo es auf dem Campingplatz einen Handtrockner von Dyson gibt. Zwar werden manche Campingurlauber jeden Tag bis ins Mark durchnässt, aber ihre Hände sind dank des ultramodernen Dysons in 0,8 Sekunden trocken.

Wohnmobilbauer Knaus Tabbert

Wohnmobile dieser Größe nehmen die gesamte Straßenbreite ein, so müssen sich Kontinentaleuropäer nicht mehr auf den Linksverkehr umstellen.

(Foto: dpa)

Manche der Campingmenschen sind mit dem Fahrrad unterwegs. Auf dem Weg über Louisburgh nach Leenane tauchen sie manchmal kurz im Fenster auf. Die fahrradfahrenden Campingmenschen tragen eine Mischung aus Frust und Entschlossenheit zur Schau, während sie in kleinen Gängen über Hügel fahren, auf deren Kuppen die Böen immer aus der Gegenrichtung wehen. Doch wenn sie das Mobil sehen, hellt sich ihre Miene auf. Jetzt wissen sie, dass sie auf dem Pfad der Gerechten fahren. Sie wissen, dass ihre Mühen sich lohnen, und dass die, die gerade bei exzellenter Musik im Warmen so sehr gemütlich über die Straße dieseln, die Bösen sind. Die ultraweichen Weicheier weichester Machart, es sind die, die man nicht grüßt.

Nein, das Mobil ist nicht so ein niedlicher, in liebevoller Kleinarbeit ausgebauter VW-Bus mit aufgemalten Blumen. Das Mobil ist ein von einem international operierenden Camping-Riesen ausgebauter Wagen von der Größe eines Linienbusses.

Es hat Dusche, Klo, Küche, zwei Schlafzonen, Stereoanlage, Heizung, Sitzecke und einen Tennisplatz. Gut, das mit dem Tennisplatz ist übertrieben, aber das Mobil ist so groß, dass auf den radwegschmalen Straßen entlang der irischen Westküste nicht, wie sonst üblich, die Touristen ausweichen, sondern die Einheimischen. Kontinentaleuropäer müssen sich nicht mal auf den Linksverkehr umstellen, weil das Mobil die gesamte Straßenbreite einnimmt. Wenn das Mobil vor einem Supermarkt parkt, ist der Parkplatz voll. Das Mobil ist ein Monster.

Selbst in den Teilen Londons, in denen das gängige Auto der "Chelsea Truck" ist (ein Porsche Cayenne), würde das Mobil unangenehm auffallen. Hier, in einer der schönsten und erhabensten Landschaften des Erdballs, geben unfassbar herzliche Iren nützliche Tipps: Immer die Heizung vor dem Besuch des örtlichen Pubs schon mal hochdrehen, damit es bei der Rückkehr schön warm ist.

Von Roundstone nach Galway und weiter nach Doolin, wo in jedem Pub Musik gespielt wird. Kilmutty, Corbally, Kilfearagh. Moveen und Kilbaha. Am Loop Head - gleich hinter dem Horizont müsste Amerika sein - hält das Mobil gekühltes Bier aus seinem wandschrankgroßen Kühlschrank bereit. Hier, vor der Unermesslichkeit des Atlantiks, sieht es sehr klein aus, und, man kann es nicht anders sagen: niedlich.

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