Literaturfest:Tragikomisches

Buchpreisträger Robert Menasse erklärt Europa und mehr

Von Antje Weber

"Ich bin kein Ironiker. Ich bin auch kein Zyniker. Ich bin ein Spezialist für Tragikomik." Als solcher hat der österreichische Schriftsteller Robert Menasse einen tragikomischen Roman geschrieben, der ihm den Deutschen Buchpreis eingebracht hat. Doch sicher nicht nur wegen dieses Preises ist, anlässlich von Menasses Lesung bei der Bücherschau im Gasteig, der Carl-Orff-Saal mit mehr als 500 Sitzplätzen ausverkauft. Denn "Die Hauptstadt" kreist auch - packend geschrieben - um ein Thema, das viele Menschen bewegt: die große und gefährdete Idee der Europäischen Union.

Menasse spricht darüber derzeit landauf, landab mit der nicht nachlassenden Leidenschaft eines Mannes, der eine wichtige Idee gegen ihre Feinde verteidigen will. Dabei hilft es natürlich, dass er sich viel Wissen angeeignet hat, über Brüsseler Spezifika bis hin zu "Märtyrerpapieren" - und dass er die rhetorischen Fähigkeiten besitzt, dieses Wissen so anschaulich wie zugespitzt zu präsentieren. Er erweist sich auch als glänzender Vorleser, was ja nicht jedem Autor gegeben ist. Und er schafft es, sogar todtraurigen Anekdoten über einen Auschwitz-Besuch Pointen abzuringen. Ja, er ist eben Spezialist für Tragikomik und als solcher schon auch "anfällig für Schwermut", wie er im Gespräch mit Knut Cordsen in weichem Wienerisch gesteht. Wie das Projekt der europäischen Einigung allerdings ausgehen wird, ob die gemeinsamen gegenüber nationalen Interessen siegen werden? Das kann auch ein Robert Menasse nicht sagen, denn eines ist er nicht: "Ich bin kein Prophet."

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