... die langjährige Jungautorin Susanne Heinrich macht auf Jungautorin und zeigt ihre Schenkel. Daniel Kehlmann ist ein souveräner Klassiker und stellt seinem Schwarzweißporträt ein tiefsinnig-ironisches Eigenzitat zur Seite, Thomas Glavinic leidet unter Bucherfolgsmanie und fleht neben seinem Foto um Verlinkung auf andere Homepages. Anzuklicken bleiben wieder und wieder lediglich Lesungstermine, Biographie, Pressestimmen und Veröffentlichungen.
Man sollte diese vier Menüpunkte nicht unterschätzen, sind sie doch immerhin als basale Apparatur eines ganzen Kulturmilieus weltweit einzigartig. Es handelt sich bei ihnen um die pure Essenz aller Funktionen des nach wie vor nicht kahlgeschlagenen, im Gegenteil förderfreudigen, bei seinen Stipendienvergaben und Lesungseinladungen humanistisch inspirierten Literaturbetriebs. Ein Autor, der seine Webseite danach ausrichtet, ein möglichst nachvollziehbares Image von sich zu entwerfen, bibliographische Information zu gewährleisten und außerdem auf die nächste Lesung in der Stadtbibliothek hinzuweisen, vertritt diesen Betrieb in seiner derzeitigen Spätphase. Literaturarchiv Marbach, übernehmen Sie! Die Trostlosigkeit dieser Webseitenwüste bietet ein Sittenbild zwischen alter Bundesrepublik und digitaler Zukunft, das unbedingt abgespeichert gehört.
Womit wir bei den Ausnahmen wären, bei denen wiederum wir aus Gründen der Abwechslung Elfriede Jelinek und Rainald Goetz überspringen. Die gut zwei Dutzend avantgardistischen, sperrigen, oft einfach grandios verstiegenen literarischen Blogs nämlich, die Christiane Zintzen und Hartmut Abendschein unter litblogs.net kuratieren, werden schon lange komplett vom Literaturarchiv Marbach gesammelt. Sie werden aber gerade umgekehrt archiviert, weil sie die allgemeine Aufmerksamkeit vollkommen unterschneiden, mit keinem Bein im herkömmlichen Print- und Förderlager stehen.