Literatur:Hooldigung

Shortlist für den Deutschen Buchpreis

"Fremde Seele, dunkler Wald" von Reinhard Kaiser-Mühlecker (Leseprobe)

"Widerfahrnis" von Bodo Kirchhoff

"Skizze eines Sommers" von André Kubiczek (Leseprobe)

"Die Welt im Rücken" von Thomas Melle (Leseprobe)

"Ein langes Jahr" von Eva Schmidt (Der Verlag bietet eine Leseprobe zum Download an.)

"Hool" von Philipp Winkler (Leseprobe)

Wer hat den besten deutschsprachigen Roman des Jahres geschrieben? Am Dienstag hat die Jury des Deutschen Buchpreises die sechs Finalisten bekannt gegeben, darunter Bodo Kirchhoff, Eva Schmidt und Philipp Winkler.

Von Christopher Schmidt

Zwei Publikumstitel (kein Schimpfwort!), ein Erstling und drei ausgesprochen literarische Neuerscheinungen haben es beim Deutschen Buchpreis in die Endrunde geschafft. Oder um ein anderes Raster über die sechs Finalisten zu legen, von denen einer am 17. Oktober den Preis für den besten deutschsprachigen Roman und 25 000 Euro entgegennehmen wird: Aus Deutschland sind in dem Routinier Bodo Kirchhoff ("Widerfahrnis"), dem Elegiker André Kubiczek ("Skizze eines Sommers"), dem Gegenwartschronisten Thomas Melle ("Die Welt im Rücken") und dem Debütanten aus der Fußball-Fankurve, Philipp Winkler ("Hool"), vier Autoren vertreten, aus Österreich immerhin zwei, Reinhard Kaiser-Mühlecker ("Fremde Seele, dunkler Wald") und Eva Schmidt ("Ein langes Jahr"), beide Außenseiter. Aus der Schweiz ist jedoch kein einziger Schriftsteller dabei. Was den Proporz der Verlage angeht, schickt Rowohlt Berlin gleich zwei Bücher in die Endausscheidung, Jung und Jung, fast schon Stammgast beim Buchpreis, sowie die Frankfurter Verlagsanstalt jeweils eines. Von den größeren Verlagen sind S. Fischer und Aufbau dabei; Suhrkamp, Hanser, Rowohlt gingen leer aus. In Sachen Frauen und Migranten hat sich die Jury dagegen in die Steinzeit zurücknominiert.

Hochdekorierte oder in den Vorjahren um den Buchpreis konkurrierende Autoren kamen ebenso wenig zum Zuge wie Sibylle Lewitscharoff, Katja Lange-Müller und Thomas von Steinaecker, die noch auf der Longlist standen. Und Juli Zeh und Christian Kracht sind mit ihren aktuellen Bestsellern anscheinend zu erfolgreich, um gewinnen zu dürfen. Schade auch, dass einem weiteren Spitzentitel, Joachim Meyerhoffs "Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke", der Sprung von der Long- auf die Shortlist nicht gelungen ist.

Der einzige Autor, der weitergekommen ist, obwohl er 2014 schon einmal nominiert war, heißt Thomas Melle, und das trotz des kleinen Schönheitsfehlers, dass er explizit keinen Roman, sondern einen Bericht über seine manisch-depressive Erkrankung geschrieben hat. Hier wirken offenbar starke Leidenschaften in der Jury. Und wie wir unseren allerliebst verqueren Literaturbetrieb kennen, spricht allein schon der Umstand, dass es sich bei Melles Buch um das handelt, was unter dem Genrebegriff "Memoir" die Kritikerherzen derzeit am hellsten entflammt, dafür, ihm beste Chancen einzuräumen.

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