Literatur:Der aufgebackene Popstar

"Pferdeleberkäse": Der österreichische Rockgott Austrofred veröffentlich ein Buch mit Aufsätzen, Reportagen und Vorträgen und liest im Volkstheater

Von Michael Zirnstein

Seine schwerste Aufgabe ist es, einmal nicht der Champion zu sein, der größte österreichische Rockstar aller Zeiten seit "dem Falco, dem Zawinul und dem Supermax". Aber manchmal muss sich der Austrofred das Gewand des gewöhnlichen Mannes antun, ja nicht auffallen, bloß keine Aufmerksamkeit erregen, um die Natur des Menschen beobachten zu können wie der Grzimek eine Herde Gnus. Da sitzt er dann als sein fast schüchternes Alter-Ego Franz Adrian Werfel zum Beispiel mitten im Fan-Volk in der Münchner Olympiahalle und schaut sich an, was von den einst großen Queen übrig ist. Vorbild-Bildung, quasi. Das Schicksal eines Ösi-Wallraff ist es, nicht in seiner wahren Größe erkannt zu werden, wenn etwa der Vorsitzende des Freddy-Mercury-Fanclubs Österreich nach dem Konzert grußlos vorbeischlurft. "Mei, jetzt hat er mich gar nicht erkannt." So, traurig, der Champion.

Aber es musste sein. Nachdem der Austrofred nach seinem Bestseller, dem Briefwechsel mit Mozart "Du kannst Dir Deine Zauberflöte in den Arsch schieben", im Nachfolger "Hard On" hart mit dem österreichischen Kulturjournalismus ins Gericht gegangen ist, sah er sich mit Forderungen konfrontiert, "der Herr Gscheit" solle doch zeigen, dass er es besser kann. "Bitte, gern geschehen", natürlich kann er es besser, und so fasste er Aufsätze, Reportagen und Vorträge zu "Pferdeleberkäse" zusammen, dem "besten Austro-Fred-Buch aller Zeiten", oder zumindest bis das nächste kommt. Denn, das ist längst bekannt, der Mann ist ein Phänomen: Als Sänger "veredelt" er Queen-Playbacks mit Austropop-Texten ("Eich Dodln gib i Gas"), im Internet gibt er mit Schweißband und Spandex-Hoserl Fitness-Tipps, im Wiener Rabenhof mimt er in der "Austrofred Academy" den Motivationstrainer , im Fernsehen sucht er fürs nationalheilige "Willkommen Österreich" als singendes Glückwunsch-Telegramm (peinlich) berührte Prominente heim. In seinen Worten: Er ist "das widerstandsfähigste Pop-Chamäleon in der kulturellen Wüste Österreich". Oder, wie Frauen in aller Welt schmachten: "Mio Madre, Señor Fred, tu est molto diabolo."

Austrofred

Schmankerl der Wiener Kultur: Der Austrofred geformt aus Pferdeleberkäse.

(Foto: Klaus Mitter/Ingo Pertramer)

Nicht nur um Leberkäse geht es, sondern auch um andere "brennende Themen". Die Jugendlichen etwa, die von Flower-Power nichts mehr wissen wollen, sondern "lieber mit den Gestopften in der Super Business Class sitzen, auf Massagesesseln mit Bisonfellbezügen, und mit ihren neuen Handys anschreiben." Conclusio: "Die heutige Jugend hat nur mehr Scheiß im Schädel."

Weiß eh jeder. Neu dürfte dem einen oder anderen die Selbstenthüllung sein, dass der Wiener nun als "Gleitzeit-Münchner" im Glockenbachviertel lebt, "durch Zweitwohnsitznachweis behördlich einwandfrei belegt". Da kann er im Zuge der Völkerverständigung Bayern mit Österreich gleichsetzen, aber beim Essen verliert der "Allzweck-Snack Brezn" eben doch gegen die "nobelste Speise", das Wiener Schnitzel. Und dass sich österreichische Verben wie schupfen, haxeln, bäucherln oder burren oder Substantive wie Pönale, Dodlhackn und Blunzn besser anhören als bayerische, dass weiß der austrophile Münchner eh längst. Aber "wer liebt, der wertet nicht", philosophiert der Austrofred, und München liebt er, weil hier auch ein anderer Wahlbayer sich pudelwohl fühlte: Freddy Mercury. Nahe dem Viktualienmarkt in einer Boazn ("so sagt der Bayer kurioserweise zu einem Tschecherl") entlockt er einer Kellnerin gar rare Erinnerungen an die Zeit, als sie sein Idol bediente: "Der Freddie, der war ein ganz normaler Mensch, der wollte auch nur seine Ruhe haben." Schicksal der Superstars.

Austrofred liest aus "Pferdeleberkäse", Donnerstag, 20. Oktober, 20.30 Uhr, Volkstheater, Brienner Str. 50; Freitag, 23. Oktober, 20 Uhr, Stereo Club, Nürnberg

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