Literatur:Anmutige Erstarrung

Clemens J. Setz hat einen wahnwitzigen Stalker-Roman geschrieben - tausend Seiten Terrorpoesie.

Von Jutta Person

Es gibt einen Kater in diesem Roman, der Chat heißt. Chat, das muss man sich eher englisch als französisch ausgesprochen denken, denn Clemens J. Setz' tausendseitiges Katz-und-Maus-Epos besteht zu nicht unbeträchtlichen Teilen aus Protokollen von Internet-Chats. Am Ende, nach vielen Bergen und Tälern voller Niedertracht und Poesie, erlegt der Kater etwas Pelziges und schenkt - eine schöne Trans-Spezies-Geste in diesem überschreitungsfreudigen Buch - die Beute seiner menschlichen Ernährerin, der Hauptfigur des Romans, der auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2015 steht. Natalie Reinegger ist einundzwanzig Jahre alt, lebt in Graz und arbeitet als Betreuerin in einem Behindertenwohnheim. Das große Fressen, das in diesem Heim beginnt, kreist um Rache in ihren bösartigsten Spielarten. Aber das klingt viel zu finster, denn genauso ist die "Stunde zwischen Frau und Gitarre" ein zart-groteskes Morphing-Ballett von Wörtern, die sich unterm Bedeutungsradar in etwas anderes verwandeln.

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