Kulturschätze in Libyen:Bedrohtes antikes Erbe

Libyen verfügt über ein reiches kulturelles Erbe, mehrere Stätten gehören zum Welterbe der Menschheit. Die Unesco warnt vor Plünderungen und will den Handel mit geraubten libyschen Kulturschätzen verhindern. Zwar gab es Zerstörungen und einen Überfall, ansonsten scheinen die libyschen Rebellen aus den Fehlern in Ägypten gelernt zu haben.

Carsten Janke

Die Unesco, die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, ruft in einer Erklärung dazu auf, das kulturelle Erbe Libyens zu schützen: "Die Erfahrung zeigt, dass in Zeiten sozialer Erhebungen eine ernsthafte Gefahr der Zerstörung besteht."

Kulturschätze in Libyen: Das römische Theater in der Stadt Sabrata lockte viele Jahre Touristen nach Libyen.

Das römische Theater in der Stadt Sabrata lockte viele Jahre Touristen nach Libyen.

(Foto: AP)

Die Unesco befürchtet, dass sich während der derzeitigen Unruhen in Libyen Ähnliches ereignen könnte wie in Ägypten. Dort waren bei Plünderungen im Februar diesen Jahres circa 1300 antike Objekte verlorengegangen. Die Unesco ruft Kunsthändler und -sammler dazu auf, verstärkt auf die Herkunft der Objekte zu achten und den Handel mit libyschen Kulturschätzen zu unterbinden. Außerdem bittet sie die libysche Bevölkerung, ihr kulturelles Erbe zu schützen.

Es ist allerdings schwer einzuschätzen, wie gefährlich die Situation für libysche Kulturschätze im Moment ist. Nur spärlich treffen Informationen über den Zustand der einzelnen Kulturstätten ein. Wie der Guardian berichtete, habe Mahmoud Shammam, Sprecher des Rebellenrates, am Dienstag versichert, es seien bereits Wachen vor wichtigen Kulturstätten postiert worden, wie zum Beispiel dem Nationalmuseum in Tripolis, um Plünderungen zu verhindern. "Alles in allem ist der Schaden bisher gering" sagt Hafed Walda, Archäologe am King's College in London und Berater der libyschen Behörde für den Schutz von Altertümern im Gespräch mit sueddeutsche.de.

Libyen verfügt über ein reiches kulturelles Erbe, von prähistorischen Wandmalereien, antiken griechischen Städten bis hin zu römischen Villen und arabischen Moscheen. Fünf Kulturstätten gehören seit den achtziger Jahren zum Weltkulturerbe der Unesco, zum Beispiel die Felsmalereien im Akkakusgebirge (Tadrart Acacus) oder die Ruinen der römischen Stadt Leptis Magna, dem "Pompeji Nordafrikas".

International gab es immer wieder Kritik an der mangelnden Sicherheit der libyschen Museen und Kulturstätten - auch schon während der Gaddafi-Zeit. Einige der prähistorischen Felsmalereien im Akkakusgebirge beispielsweise wurden 2009 übersprüht und damit zerstört. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung war im März, zu Beginn der Aufstände in Libyen, von einer "Einladung für Plünderer" die Rede.

"Die schlimmsten Befürchtungen haben sich bisher nicht bewahrheitet"

"Die Situation ist immer noch sehr unübersichtlich. Als der Konflikt begann, gab es ja die schlimmsten Befürchtungen und sofort die Parallele zu den Plünderungen in Ägypten. Wie es scheint, hat sich das bisher nicht bewahrheitet", sagt Karl-Uwe Mahler, Archäologe von der Universität Mainz. Es sei ihm aber indirekt bestätigt worden, dass Gaddafi-Truppen Raketenstellungen am Rande der Ausgrabungsstätte Leptis Magna stationiert hätten. Die Vereinten Nationen hatten im Juni sowohl die Truppen Libyens wie der Nato dazu aufgerufen, die historische Stätte trotz der Kämpfe zu schützen. Ob es dort Zerstörungen gegeben hat, ist bisher unklar.

Auch nach den Informationen des Londoner Archäologie-Professors Walda halten sich die Schäden an libyschen Kulturgütern durch den Krieg in Grenzen. Betroffen sei vor allem der Safitturm bei Yefren, der am 25. April bei dem Beschuss durch Gaddafi-Truppen schwer beschädigt worden sei. Außerdem seien bei einem Rebellenüberfall auf die Libysche Zentralbank in Bengasi am 14. Februar auch historische Objekte und Münzen entwendet worden.

Walda sagte im Gespräch mit sueddeutsche.de weiter: "Wir haben versucht, auf Kräfte innerhalb des Militärs einzuwirken, damit die Kulturgüter auch im Fall eines Machtvakuums geschützt würden." Dies sei wichtig gewesen, da die meisten Libyer antike Schätze und Gebäude nicht als wichtigen Teil der libyschen Identität betrachteten und ihr Schutz damit als unwichtig gelte. "In libyschen Schulbüchern beginnt die Geschichte des Landes immer erst im Jahr 1969", dem Jahr, als Gaddafi an die Macht kam.

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