Let's Dance: Tanz im TV:Warum lächerlich machen, wenn es die anderen tun?

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Auftakt der neuen Tanz-Staffel bei RTL: Diesmal musste sofort jemand die Show verlassen. Jenny Elvers-Elbertzhagen nutzte die Gelegenheit. Der Ball der Peinlichkeiten.

Ruth Schneeberger

Nein,Tanzen ist kein seichtes Unterfangen. Vor allem dann nicht, wenn es auf RTL stattfindet. Da muss das Dauergrinsen aufgesetzt werden und man sich einer Jury unterziehen, die sich, zumindest partiell, streng an Dieter Bohlen orientiert. Spätestens seit 2006, als Heide Simonis nach ihrer ohnehin schon kräftezehrenden Wahlniederlage auch noch in der Tanzshow und anschließenden Medienschlacht das Gruseln gelehrt wurde, wissen wir, dass es sich hier nicht um einen Spaziergang handelt.

Hape Kerkeling und Nazan Eckes. (Foto: Foto: dpa)

Jetzt also die zweite Auflage von "Let's Dance" auf RTL am Montagabend. Die Moderatoren sind dieselben, der Sender setzt auf den Wiedererkennungseffekt, um das Publikum nicht unnötig zu verschrecken, einige Profitänzer vom letzten Mal sind auch dabei - nur die Promis, die wurden ausgetauscht. Eins der quotenträchtigen Zugpferde: Ex-Luder Jenny Elvers-Elbertzhagen.

Außerdem auf dem RTL-Parkett in dem Studio, in dem kurz zuvor noch Deutschlands Superstar gekürt wurde: Ex-Schlagerkönig Guildo Horn, Ex-Grand-Prix-Sängerin Katja Ebstein, Ex-Fußballprofi Giovane Elber, Ex-Blümchen Jasmin Wagner, Ex-Werbespot-König Markus Majowski, Immer-Noch-Gute-Zeiten-Schlechte-Zeiten-Darstellerin Susan Sideropoulos und Immer-Noch-Schauspieler Eralp Uzun.

Promis mit Profis

Nun muss man erklären: Hier tanzen Promis mit Profis. Unter den zehn Paaren sollte also stets mindestens einer dabei sein, der sein Handwerk beherrscht. Der andere muss eigentlich nur strahlen und sich führen lassen. Wer sich dabei zu doof anstellt, fliegt raus. Diesmal schon in der ersten Show von acht Folgen.

Dafür gab es drei heiße Anwärterinnen, deren Schwächen sich im Laufe der Show herauskristallisierten: 1) Jasmin Wagner. Zusammen mit Hendrik Höfken, der beim letzten Mal als Tanzpartner von Heide Simonis glänzte, wirkte sie im zart apricotfarbenen Rüschentraum wie die schüchternste Tänzerin des Abschlussballs, und auch dort wäre der Auftritt nur halbherzig gewesen. 2) Margarete Schreinemakers. Womöglich als Heide-Simonis-Nachfolgerin engagiert, tanzte sie sich, extrem Grinse-fixiert, aus den Herzen der Zuschauer hinaus. 3) Jenny Elvers-Elbertzhagen. Ebenfalls auf Dauerlächeln abonniert, wirkte sie ansonsten steif wie ein Brett.

Dass Grazie längst keine Frage des Alters ist, bewies Katja Ebstein (62) dagegen mit ihrer mädchenhaften Performance, die die meisten Punkte des Abends abräumte und trotz allem voller Funkeln blieb. Und dass Würde keine Frage von Gelenkigkeit ist, bewies Guildo Horn ("Ich bin eine Tanzmaus"), als er sich an der Seite der Tänzerin mit dem bemerkenswertesten Namen des Abends, Motsi Mabuse ("Tanzen ist für mich Leben, aber ich kann auch gut verlieren, wenn das Spaß macht"), trotzdem wacker hielt.

Zitterpartie

Die Verliererinnen, und um die ging es an diesem Abend, waren also schnell auszumachen. Trotzdem bestanden die Moderatoren darauf, zu behaupten, im Showdown sei die Reihenfolge derjenigen, die weitermachen dürften, vollkommen willkürlich. Zum Schluss durften aber komischerweise genau diejenigen Wackelkandidaten im Lichtkegel zittern, die wegen ihrer schlechten Leistung auch wirklich zittern mussten. Ein bisschen Bewegung muss schon sein, auch in einer Tanzshow.

Nun also ist Jenny Elvers-Elbertzhagen rausgeflogen. Schade. Wird danach überhaupt noch jemand diese Show gucken? Und wenn ja, warum eigentlich? An Hape Kerkeling kann es nicht liegen, er war bisher in jedem anderen Format besser. Hier wirkt er fad und blass und seltsam ausgelaugt. Da helfen auch die kleinen, allzu vorhersehbaren Sticheleien mit Jury-Mitglied und Ex-Tänzer Joachim Llambi niemandem weiter. Auch mit Moderatorin Nazan Eckes und ihm will es nicht so richtig fluppen.

Und seien wir ehrlich: Möchten wir wirklich Promis an der Seite von Standard-Tänzern sehen, wie sie die Backen aufblasen, die Augenbrauen hochziehen, grinsen bis zur Grimasse, um möglichst keck auszusehen, und das über Stunden hinweg?

Warum also dann sollte man diese Show sehen? Um schöne Menschen schön tanzen zu sehen? Auch dafür gibt es weitaus bessere Formate, notfalls die Disco nebenan. Um Mark Medlock einmal mehr singen zu sehen? Selbst der DSDS-Sieger war am Montag offenbar müde: In der Hocke absolvierte er, ebenfalls etwas zitternd, seinen Showact. Was also könnte es sein, dass Millionen Zuschauer doch noch an diesem Format Spaß empfinden lässt?

SPD-Werbespot-tauglich

Die SPD-Werbespot-tauglichen Sprüche von Jury-Mitglied Ute Lemper: "Da muss mehr Mitte rein!"? Der Anblick von Jürgen Drews, der im Publikum saß, um die ihm üblichen Unken-Laute abzusondern? Wäre zwar alles ganz nett, reichte aber nicht aus für eine abendfüllende Unterhaltung.

Womöglich ist dies dasselbe Phänomen wie bei "Wetten dass ...?", DSDS und allen anderen möglichst pompösen, möglichst Samstagabend-tauglichen Familienshows: der Familientauglichkeits-Unterhaltungscharakter. Ein bisschen Glitzer, eine Prise Witz, aber nicht zu viel davon, jemand läuft die Showtreppe hinab. Man kann die Kleinen vor dem TV parken, nebenbei die Wäsche erledigen, das Kreuzworträtsel lösen, die Steuererklärung ein gutes Stück vorantreiben, und trotzdem kommt niemand wirklich zu Schaden. Es ist alles so schön bunt da, es dauert ausreichend lang, und am Ende ist man wieder schlauer: Besser als die auf der Bühne könnte man das allemal. Will man aber nicht. Man möchte sich ja nicht lächerlich machen. Gut so.

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