Leseclub:Eng verwandt

Spurensuche: David Bowies Sohn, der Regisseur Duncan Jones, liest die 100 Lieblingsbücher seines Vaters und möchte darüber von Februar an mit allen Interessierten auf Twitter diskutieren.

Von Nicolas Freund

Duncan Jones, der Regisseur der ambitionierten Kino-Filme "Moon", "Source Code" und "Warcraft", hat einen Buchclub gegründet. Nicht in kleiner Runde bei ihm im Wohnzimmer, sondern auf Twitter möchte er von Februar an mit jedem, der mitmachen will, Monat für Monat über ein neues Buch diskutieren. Das besondere an diesem digitalen Leseclub ist, dass die Bücher von der 100 Titel umfassenden Liste mit den Lieblingswerken von Jones' Vater David Bowie stammen, die schon 2013 auf der Homepage des Musikers veröffentlicht worden war und die selbst eine Diskussionsrunde wert wäre.

Neben Romanen wie "Lolita" von Vladimir Nabokov und "On the Road" von Jack Kerouac, die wahrscheinlich auf keiner solchen Liste fehlen, und einigen Klassikern - Dante Alighieris "Inferno" oder Gustave Flauberts "Madame Bovary" - finden sich dort auch Comics, akademische Titel und heute halb vergessene, einstige Bestseller wie Don DeLillos "White Noise" oder Angela Carters "Night at the Circus". Aus Bowies Berliner Zeit haben es Alfred Döblins "Berlin Alexanderplatz" und Christa Wolfs "Nachdenken über Christa T." in die Auswahl geschafft. Überraschend an der Liste ist weniger, dass es sie gibt, denn Bowie war als Vielleser bekannt und galt als Stammgast mehrerer New Yorker Buchhandlungen, überraschend ist ihre breite Auswahl durch alle Sparten, Epochen und Gattungen. Selbst Literaturkenner werden hier noch Überraschungen finden.

Das erste Buch, über das Duncan Jones nun auf Twitter diskutieren möchte, ist "Hawksmoor", ein früher Roman des britischen Autors und Literaturkritikers Peter Ackroyd, der heute international vor allem für seine Sachbücher über London bekannt ist, die Bowie laut Jones geliebt haben soll. "Hawksmoor" vermischt einen historischen London-Roman über Kirchenbau im 18. Jahrhundert mit einem Serienkiller-Thriller im 20. Jahrhundert, und die Frage, die sich bei jedem dieser Bücher nun stellen wird, ist natürlich, in welchem Verwandtschaftsverhältnis es zum Werk Bowies steht. Bei London, wo Bowie geboren ist und lange Zeit lebte, ist die Lage klar. Aber Serienmorde? 1995 veröffentlichte Bowie das Album "Outside" über eine dystopische Gesellschaft, in der Morde zu Zwecken der Kunst legal sind und die Polizei anhand der Leiche eines Mädchens entscheiden muss, ob es sich nun um ein Verbrechen oder um ein Kunstwerk handelt. Begleitet wurde das Album von einer Kurzgeschichte von David Bowie über den Mord an der jungen Baby Grace Blue. Holte sich David Bowie seine Inspiration für Serienmorde bei Peter Ackroyd? Vielleicht keine schlechte Einstiegsfrage für die Diskussion auf Twitter.

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