Bilderstreit in Leipzig:Schuld sind naive Kuratoren

Geländeblick Leipziger Spinnerei

Geländeblick Leipziger Spinnerei Leipziger Spinnerei, Pressefoto

(Foto: Thomas Riese/Spinnerei)
  • Der rechte Maler Axel Krause wurde nach Künstlerprotesten von einer Gruppenausstellung in Leipzig wieder ausgeladen.
  • Wer sich als Kurator einen wie Axel Krause einlädt, der weiß, dass es Streit gibt. Und dass Künstler sich weigern, neben ihm auszustellen, darin liegt die Freiheit der Kunst.
  • Dass es zu dem Skandal kam, liegt weniger an Werken oder politischen Inhalten, sondern an den naiven Kuratoren.

Von Catrin Lorch

In Leipzig wird derzeit über die Freiheit der Kunst debattiert. Anlass ist der Streit um die "Jahresausstellung" in der Spinnerei, zu der auch der Maler Axel Krause eingeladen wurde, ein Künstler, der öffentlich für die Ziele der AfD eintritt und Mitglied der ihr nahestehenden Desiderius-Erasmus-Stiftung ist. Nach Künstlerprotesten wurde er vom Veranstalter, dem Verein Leipziger Jahresausstellung, kurz vor der Eröffnung wieder ausgeladen. Dann wurde die Ausstellung ganz abgesagt und der Vorstand des Vereins trat zurück. Am heutigen Mittwoch soll die Schau eröffnen, aber ohne Krause.

Anders als die Künstler, die mit Boykott drohten, braucht der die Ausstellung auch nicht mehr - er ist jetzt berühmt und kann Besuchern sein leeres Atelier zeigen. Der Streit hat ihm gute Verkäufe beschert, erstmals in seinem sechzigjährigen Leben: bislang galt er als Mitläufer der Neuen Leipziger Schule, eines auch schon wieder in die Jahre gekommenen Stils, er malt Landschaften und surreale Szene wie den "Traum des Metzgers" in altmeisterlichem Stil. Gemälde, die, wie es heißt, nun wirklich nicht seine politischen Haltung spiegelten. Schon deswegen sei die Kunst in Leipzig nicht mehr frei - man nehme die Bilder für die Meinung des Künstlers in Haft.

Muss man sich jetzt die Mühe machen und - nur weil der Maler rechte Thesen drischt - mit aller Interpretationsgewalt auf ein eher belangloses Werk losgehen? Es vergleichen mit all den Landschaften und Porträts, die bei faschistischen oder nationalsozialistischen Malern hoch im Kurs standen und deren politische Brisanz im Nachhinein betrachtet häufig genug auch nur darin bestand, altmeisterlich und wertbeständig zu wirken? Die etwas lahmen Werke von Krause taugen eher nicht zur Debatte, schon seit Jahrzehnten nicht.

Der Streit war zu erwarten, trotzdem inszeniert sich Krause jetzt als "entartet"

Das Problem sind nicht die Bilder, sondern die Menschen: Wer sich als Kurator einen wie Axel Krause einlädt, der weiß, dass es Streit gibt. Krause hat im vergangenen Jahr öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als er von seiner Galerie "Kleindienst" gefeuert wurde, weil die sich nicht länger mit seinen politischen Ansagen identifizieren mochte. Der Verein musste also damit rechnen, dass es unter den anderen 35 Künstlern Protest geben würde - weil es das Recht eines jeden Künstlers ist, sich auszusuchen, in welchem Umfeld das eigene Werk präsentiert wird.

Das weiß auch einer wie Krause, der sich derzeit dennoch in Anspielung auf die Kunstverbote des nationalsozialistischen Regimes als "entartet" stilisiert. Doch die Absagen der Kollegen haben nichts mit Zensur zu tun, das ist gute Übung, seit Renaissance-Meister um ihren Platz an der Kirchendecke rangen oder die Surrealisten komplizierte Ausschlussverfahren praktizierten. Dass Künstler sich weigern können, mit ihren Werken den Malereien von Axel Krause als Kulisse zu dienen, eben darin besteht die Freiheit der Kunst.

Dass es zu dem Skandal kam, liegt also weniger an Werken oder politischen Inhalten, sondern an den Kuratoren. Ihr Zickzackkurs eröffnet einem wie Krause erst die Möglichkeit, die Mär vom Ausgestoßenen und Abgesonderten fortzuspinnen, von der auch die AfD zehrt. Dabei haben hier einzig die Kuratoren versagt, die sich erst für einen Krause entscheiden, ihn dann wieder ausladen, die eigene Ausstellung absagen und so die seit mehr als 25 Jahren stattfindende Ausstellungstradition vor die Wand fahren.

Diesen Schlingerkurs werden die Rechten immer ausnutzen, populistisch, zynisch, aggressiv. Der Leipziger Bilderstreit handelt nicht von der Kunstfreiheit. Er taugt einzig zum Lehrstück darüber, dass Naivität nicht angebracht ist, auch und gerade wenn es sich nur um ein paar verwaschene, fade Gemälde handelt.

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