Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Von der Faszination dunkler Mächte

Der Thriller "A Touch of Sin" gehört zu den Cannes-Laureaten von 2013, weil er uns mit einem blutigen Mosaik namens China konfrontiert. Kafkaesk und vielfach prämiert ist auch die Animationsdoku "Crulic", während "12 Years a Slave" für die Oscars hoch gehandelt wird - als besonders konsequente Abrechnung mit dem System der Sklaverei. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kinokritikern

9 Bilder

Golden Globes 2014 - ´12 Years a Slave"

Quelle: dpa

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Der Thriller "A Touch of Sin" gehört zu den Cannes-Laureaten von 2013, weil er uns mit einem blutigen Mosaik namens China konfrontiert. Kafkaesk und vielfach prämiert ist auch die Animationsdoku "Crulic", während "12 Years a Slave" als bislang vielleicht konsequenteste Abrechnung mit dem System der Sklaverei für die Oscars hoch gehandelt wird. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht. Die Filmstarts vom 16. Januar auf einen Blick - bewertet von den SZ-Kritikern.

12 Years a Slave

Solomon Northup, ein freier Mann aus New York, wird 1841 als Sklave in die Südstaaten verschleppt - Steve McQueens grandioser, unsentimentaler Film basiert auf einer wahren Geschichte und exorziert die Bilder vom romantischen Süden, die das Kino in unseren Köpfen hinterlassen hat: In einem unmenschlichen System kann es keine Menschlichkeit geben.

Susan Vahabzadeh

Neu im Kino: "12 Years A Slave", "The Wolf Of Wall Street", "Nicht mein Tag", kurz vorgestellt per Video.

Eine ausführliche SZ-Kinorezension lesen Sie hier.

Im Bild: Chiwetel Ejiofor, Dwight Henry, Michael K. Williams in einer Szene des Films "12 Years a Slave".

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Quelle: Fondivina Films

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Crulic - Weg ins Jenseits

Ein Roadmovie. Claudiu Crulic, auf dem Weg zurück in die rumänische Heimat, erzählt sein Leben, von Kindheit an, und sein Sterben, in den Mühlen der Krakower Justiz. Zu Unrecht vor Gericht gestellt, Hungerstreik, im Januar 2008 ist Crulic gestorben. Ein echter Fall, eine ganz vitale Animationsdoku von Ancia Damian, das Leben nichts als eine Skizze. Lakonisch, herzzerreißend, absurd. Der Totenschein für Crulics Überführung trägt die Nr. 007.

Fritz Göttler

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Quelle: Constantin Film Produktion GmbH

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Fünf Freunde 3

Auch im dritten Teil bastelt Regisseur Mike Marzuk seine Abenteuerkomödie aus kalkulierten Komponenten zusammen: die Figuren aus Enid Blytons weltberühmten Kinderbüchern, dargestellt von pausbäckigen Kids, eine exotische Insel samt Piratenschatz und eine Handvoll TV-Gestalten (Nora von Waldstätten, Sky DuMont, Michael Kessler), die mit munteren Grimassen für die Gags sorgen. Ein jugendgerechter Dschungeltrip.

Annett Scheffel

Im Bild: Die fünf Freunde im Auto.

Nebraska USA

Quelle: Bona Fide Productions

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Nebraska

Ein Werbeversprechen im Briefkasten bringt den versponnenen alten Woody (Bruce Dern) auf Trab - und zwingt seinen Sohn (Will Forte) zu einem unfreiwilligen Roadtrip nach Nebraska, wo die versprochene Million Dollar bereitliegen soll. Alexaner Payne dreht in Schwarzweiß, zeigt echte Amerikaner im Hinterland und träumt von der guten, alten (allerdings nur imaginären) Zeit, wo man jedem Versprechen glauben konnte.

Tobias Kniebe

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Quelle: Sony Pictures Releasing

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Nicht mein Tag

Ein Bankraubdrama mit Geiselnahme als therapeutischer Kick fürs stagnierende Leben in der Ruhrpott-Provinz, nicht nur für den biederen Bankangestellten Till (Axel Stein), sondern auch für seinen Entführer, den Exknacki Nappo (Moritz Bleibtreu), der ihn ein turbulentes Buddy-Roadmovie verwickelt. 15 Jahre nach seinem Hit "Bang Boom Bang"hält Peter Thorwart in seiner Verfilmung von Ralf Husmanns gleichnamigem Roman eine tolle Balance zwischen ausgelassener Komik und erdiger Wahrhaftigkeit.

Anke Sterneborg

Neu im Kino: "12 Years A Slave", "The Wolf Of Wall Street", "Nicht mein Tag", kurz vorgestellt per Video.

Im Bild: Moritz Bleibtreu (l.), Axel Stein und ein Hase.

Kinostarts - 'Das radikal Böse'

Quelle: dpa

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Das radikal Böse

Zu den immer noch unbegreiflichsten Facetten des Holocaust gehören die deutschen "Einsatzgruppen" Himmlers, die hinter der russischen Front etwa zwei Millionen Menschen (mehrheitlich Juden) umbrachten - einzeln per Genickschuss. Mit Originalzitaten, Experteninterviews und zurückhaltend inszenierten Bildimpressionen will Stefan Ruzowitzky ergründen, wie normale Männer zu Killermaschinen werden konnten. Ehrenwerter Versuch, der schrecklichen Wahrheit wenigstens ein kleines Stück näherzukommen.

Tobias Kniebe

A Touch of Sin

Quelle: Golem Distribución

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A Touch of Sin

Jia Zhangke entfaltet weiter sein Mosaik des gegenwärtigen Chinas und seiner ökonomischen Umwälzungen, deren Gewalt hier vier prekarisierte Unterprivilegierte in Mord und Selbstmord treibt. Die vier Geschichten aus unterschiedlichen Gegenden spannen die vier Ecken eines Bildes auf, in dem aus dem Rot des alten Kommunismus die Blutspur eines raubtierhaften Turbokapitalismus geworden ist.

Philipp Stadelmaier

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Quelle: Metropolitan FilmExport

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The Wolf of Wall Street

Darf man das? Eigentlich nicht. Macht es trotzdem Spaß? Tja: "The Wolf of Wall Street" setzt Mimesis an die Stelle der Moral. Der Anlagebetrüger Jordan Belfort hat es in den Neunzigern ziemlich krachen lassen, kam kurz ins Gefängnis und schrieb dann ein Buch; Martin Scorsese macht daraus einen drei Stunden kurzen Rave mit Leonardo DiCaprio, der fast dankbar wirkt, als das FBI zum Chill-out bittet.

Peter Richter

Neu im Kino: "12 Years A Slave", "The Wolf Of Wall Street", "Nicht mein Tag", kurz vorgestellt per Video.

Im Bild: Leonardo DiCaprio

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Quelle: Basis-Film Verleih Berlin

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Über das Meer

Ein Mann träumt vom Meer, doch der DDR-Staatsapparat lässt ihn nicht zur See fahren, bis er gegen die Schikanen rebelliert und 1974 in den Westen schwimmt: Stellvertretend für rund 6500 Ostseefluchtgeschichten lässt Arend Agthe Eberhard Schelter die seine erzählen. Unterstützt von Archivaufnahmen, Zeitzeugeninterviews und nachgestellten Szenen schimmert in der persönlichen Geschichte die DDR-Historie auf - eine Aufmunterung, Träume nicht leichtfertig aufzugeben.

Anke Sterneborg

© SZ.de/mfh
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