Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Der Mörder in uns

In "Prisoners" sieht Hugh Jackman als Familienvater rot, "Naked Opera" porträtiert das Leben eines blasierten Opernliebhabers und "Der Butler" zeigt den Aufstieg des Sohns eines Baumwollpflückers zum Chefbutler im Weißen Haus. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Von den SZ-Kino-Kritikern

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Spielbetrieb

Kinofilm - 'Spieltrieb'

Quelle: dpa

In "Prisoners" sieht Hugh Jackman als Familienvater rot, "Naked Opera" porträtiert das Leben des blasierten Opernliebhabers Marc Rollinger und "Der Butler" zeigt den Aufstieg des Sohns eines Baumwollpflückers zum Chefbutler im Weißen Haus. Für welche Filme sich der Kinobesuch lohnt - und für welche nicht.

Spielbetrieb

Altkluge Gymnasiastin (süß: Michelle Barthel) und diabolischer Verführer (Jannik Schümann) bewerfen sich mit Nietzsche-Zitaten und verstricken den Deutschlehrer in peinliche Sexspielchen. Es geschieht Juli Zehs Roman - diesem Mix aus Nihilismus-Leistungskurs und Sex-Kolportage - wohl ganz Recht, dass Regisseur Gregor Schnitzler ihn zur handelsüblichen Teenie-Romanze (Poolpartys, Mama-Stress, Defloration) verarbeitet hat.

Eine ausführliche Rezension des Films lesen Sie hier.

Neu im Kino: "Der Butler", "Prisoners" und "Spielbetrieb", kurz vorgestellt per Video.

Rainer Gansera

Im Bild Jannik Schümann als Alev, Michelle Barthel als Ada und Maximilian Brückner als Szymon Smutek.

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Stein der Geduld

Stein der Geduld

Quelle: Rapid Eye Movies

Stein der Geduld

Eine schöne Erfindung, so ein Stein der Geduld. Er schweigt und schluckt all die Verzweiflung, die man ihm gegenüber aus sich rauslässt. Die Frau im Film von Atiq Rahimi, die schöne iranische Schauspielerin Golshifteh Farahani, macht ihren Mann zum Stein der Geduld, der krank, völlig katatonisch aus den Kämpfen zurückkehrte und nun am Infusionstropf hängt. Ihm klagt sie all ihr Leid, mit dem pingeligen Mullah und mit den Kriegern, die plötzlich ins Zimmer eindringen, mit all den Wünschen und Erwartungen, die sich nur schwer erfüllen lassen für eine Frau im heutigen Afghanistan.

Fritz Göttler

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Einzelkämpfer

Einzelkämpfer Film

Quelle: Lichtblick Media GmbH; Farbfilm Verleih

Einzelkämpfer

Regisseurin Sandra Kaudelka, früher selbst Wasserspringerin, porträtiert vier sogenannte Helden des DDR-Sports, denen sie mit großer Liebe und tiefer Bewunderung begegnet. Das schafft Nähe und ein spürbar angenehmes Gesprächsklima. Die Vertraulichkeit ist allerdings Segen und Verhängnis dieser Dokumentation: Weil sich die Filmemacherin scheut, die Intimität durch kritische Fragen zu brechen, bleibt der Erkenntnisgewinn überschaubar.

Holger Gertz

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Slow Food

Slow Food Doku

Quelle: Pandastorm Pictures

Slow Food

Fast Food ist Gift für unseren Planeten und für das persönliche Geschmacksempfinden wohl auch. Wie kann es denn auch sein, dass das gleiche Essen Marokkanern wie Chinesen wie Norwegern schmeckt?! Der Regisseur Stefano Sardo hat einen Dokumentarfilm über die Gegenbewegung dazu gemacht, mit der er unverhohlen sympathisiert - Slow Food. Seine Doku ist allerdings selbst ein wenig slow und mutet immer wieder wie eine Filmbiografie Carlo Petrinis an, der die Organisation mitbegründete.

Martina Knoben

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Sein letztes Rennen

Kinostarts - 'Sein letztes Rennen'

Quelle: dpa

Sein letztes Rennen

Kilian Riedhof hat sozusagen den Gegenentwurf gedreht zu Dustin Hoffmans "Quartett": Altersheim, ungeschönt, Inspiration wird nicht gefördert, sondern aus Personalmangel ausgebremst. Und dann taucht Paul auf, der fest davon überzeugt ist, dass man nur lebt, solange man irgendeinem Traum nachjagt - ein wunderschöner, rührender Auftritt für Dieter Hallervorden

Susan Vahabzadeh

Im Bild Dieter Hallervorden als Paul Averhoff.

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Prisoners

Prisoners Kinofilm

Quelle: Tobis

Prisoners

Ein Mann sieht rot, als seine kleine Tochter samt Freundin entführt wird. Statt einen brachialen Rachefeldzug loszutreten, weckt der Frankokanadier Denis Villeneuve in seinem ersten englischsprachigen Film gärendes Unbehagen und bohrende Fragen nach dem mörderischen Potential, das in jedem von uns steckt. In der verzweifelten Suche nach den Mädchen lotet ein schillerndes Ensemble von Schauspielern wie Hugh Jackman, Jake Gyllenhaal, Terrence Howard, Maria Bello, Viola Davis und Melissa Leo all die menschlichen Verstrickungen zwischen Opfern und Tätern, Bangenden und Verdächtigen aus, um die schon Villeneuves frühere Filme kreisten.

Neu im Kino: "Der Butler", "Prisoners" und "Spieltrieb", kurz vorgestellt per Video.

Anke Sterneborg

Im Bild Hugh Jackman als Keller Dover und Paul Dano als Alex Jones.

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Naked Opera

Naked Opera

Quelle: Real Fiction Filme

Naked Opera

Marc ist reich, blasiert, eloquent, schwerkrank, hedonistisch. Der Luxemburger tourt durch Europa, sammelt Don Giovanni-Aufführungen, Spitzenchampagner, Edelsuiten, Callboys - und Fotos. Angela Christliebs Doku soll sein filmisches Testament werden, während sie gerade in der Akkumulation der aalglatten Bilder des Reichtums diesen raffiniert dekonstruiert. Beherrscht er also die Bilder - oder umgekehrt?

Philipp Stadelmaier

Im Bild Marc Rollinger (r.)

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Deutschlands wilde Vögel

Deutschlands Wilde Vögel

Quelle: APZ Medienproduktion und Vertrie

Deutschlands wilde Vögel

Wilde Flamingos in Nordrhein-Westfalen, Haubentaucher beim sonderbar ruckhaften Balztanz, Seeadler und Silberreiher auf Fischfang. Auch wenn er unbeholfen bemüht auf das Interesse von Fachfremden schielt, erinnert Hans-Jürgen Zimmermanns Naturdokumentation zu sehr an die andächtig-meditativen Sendungs-Schleifen im Nachtprogramm und bleibt Stoff für Hobby-Ornithologen.

Annett Scheffel

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Der Butler

Kinostarts - 'Der Butler'

Quelle: dpa

Der Butler

Kann ein schwarzer Hausangestellter für mehr stehen als Servilität und Onkel-Tom-Klischees? Eine Schicksalsfrage für Cecil Gaines (Forest Whitaker), der es vom Sohn eines Plantagensklaven zum Chefbutler im Weißen Haus bringt und acht Präsidenten dient. Die Black Community Hollywoods steht hinter Regisseur Lee Daniels und seinem Film - und erzählt eine effektvolle Civil-Rights-Geschichte bis hin zu Obama. Dass der Held ein reales Vorbild habe, gehört zur Oscar-Kampagne, ist allerdings irreführend - hier triumphiert die dramatische Fiktion.

Neu im Kino: "Der Butler", "Prisoners" und "Spieltrieb", kurz vorgestellt per Video.

Tobias Kniebe

Im Bild Forest Whitaker als Cecil Gaines und Oprah Winfrey

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse

Kinostarts - '00 Schneider 2 - Im Wendekreis der Eidechse'

Quelle: dpa

00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse

Die Kinowerke des Musikers, Komödianten, Schriftstellers und Regisseurs Helge Schneider waren schon immer auf der Suche nach dem Nichts - und Kommissar Schneider ging voran. Auch diesmal balanciert er auf der hauchdünnen Linie zwischen surreal behauchtem Existenzialismus und billigem Schmierentheater, tappt aber erstmals wirklich daneben.

Joachim Hentschel

Im Bild Helge Schneider als Kommissar 00 Schneider, Ira Coleman als Special Agent Cole, Udo Hesselmann als der Spurensucher und Salvatore Bonarrigo als der Chief.

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Auf den zweiten Blick

Auf den zweiten Blick

Quelle: Anita Back, sturmunddrangfilm

Auf den zweiten Blick

In Sheri Hagens Episodenfilm suchen Blinde im winterlich kalten Berlin nach Liebe und Wärme. Schicksalhafte Zusammenhänge bleiben angenehm moderat, das überprononcierte Laienspiel wird nie verschleiert. Alles ist sehr durchschaubar, alles wird erklärt, alles gut - die Blinden sind längst erlöst. Auf den zweiten Blick sind sie Bewohner dieses Elysiums namens Berlin, wo alle Irrenden blind in ihr Glück rennen müssen.

Philipp Stadelmaier

Im Bild Ingo Naujoks und Nele Rosetz.

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Kurzkritiken zu den Kinostarts der Woche:Aus dem Leben eines Schrottsammlers

Kinostarts - 'Aus dem Leben eines Schrottsammlers'

Quelle: dpa

Aus dem Leben eines Schrottsammlers

Der Titel klingt nach großem Roman, aber es ist nur eine kleine Suspense-Geschichte um eine Roma-Familie in Bosnien. Wie Nazif, der Schrottsammler, es gegen alle bürokratische Holzköpfigkeit schafft, dass seine Frau noch zur lebenswichtigen Operation kommt, in letzter Sekunde. Vom Ehepaar selbst nachgespielt - Silberner Bär in Berlin für Nazif Mujic! -, von Danis Tanovic raffiniert kunstlos gefilmt.

Fritz Göttler

Im Bild Nazif Mujic als Nazif, Senada Alimanovic als Senada und Semsa Mujic als Semsa.

© SZ.de
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