Kurzkritik:Zu hell

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Die BR-Symphoniker mit Mahlers Siebter

Von MICHAEL STALLKNECHT, München

Als "Werk vorwiegend heiteren, humoristischen Inhalts" kündigte Gustav Mahler seinem Verleger die Siebte Symphonie an. Ein ungebrochen heiterer Mahler? Das hat schon immer Deutungsarbeit ausgelöst, zumal angesichts des Finales mit seiner Pracht und Operettenseligkeit, "Über-C-Dur" und großem Geläute. "Die Musik belustigt sich selbst über die sieghafte Attitüde", schlägt der kluge Jörg Handstein im Programmheft der Aufführung in der Philharmonie vor.

In der Umsetzung durch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Mariss Jansons hört man davon: nichts. Was man als Angebot von Ungebrochenheit für diesen Satz ernst nehmen könnte, vorausgesetzt, man hätte in den vorangegangenen vier mehr erlebt von jenem Changieren zwischen Schmerz und Scherz, Ironie und tieferer Bedeutung, die das Mahlersche Weltgefühl ausmachen. Es liegt an kleinen Dingen - daran, dass Jansons, der die Siebte mit seinem Orchester bereits auf Platte vorgelegt hat, Übergänge hier lieber mit kapellmeisterlicher Handgreiflichkeit setzt, als eine Kunst des kleinsten Übergangs zu entwickeln. Daran, dass er die Lautstärken wie die Tempi lieber zu einer imaginären Mitte hin auspendelt, statt sich auf ein mysteriöses Piano ebenso einzulassen wie auf grelle Ausbrüche. Vor allem auch am Verzicht auf jene minimalen Verzögerungen, die im Detail für ironische Brechung sorgen könnten. Es liegt aber auch am Orchester, das mit fast überbrillanter Attitüde aufspielt.

Der vierte Satz mit seinen vielen konzertierenden Soli gerät darüber zweifellos zu einem kammermusikalischen Kabinettstück. Aber insgesamt fehlt den Solisten eine narrative Aufgabe, eine Sinnhaftigkeit im symphonischen Ganzen über die gelungene Demonstration von Fähigkeiten hinaus. Und im Gesamtklang vermisst man die gemischten und die abgedunkelten Farben. Wo das Programmheft richtigerweise "Zwielicht, Ambivalenz, Verunsicherung" ankündigt, herrschen in dieser Aufführung nur Überhelle, Klarheit, Eindeutigkeit, gerade im ersten Satz auch pauschale Lautstärke. Das ist, trotz großen Publikumsjubels am Ende, für Mahler zu wenig.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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