"Wer ist dieser Donovan?", fragte Bob Dylan genervt 1965 auf seiner vom Filmemacher Donn Alan Pennebaker dokumentierten Großbritannien-Tournee, weil der damals gerade aufstrebende schottische Troubadour ihn auf Plakaten und in Zeitungen regelrecht verfolgte. Sofort erklärte der Animals-Keyboarder Alan Price dem amerikanischen Gast, dass Donovan ein Folksänger wie Dylan selbst sei, der zudem sehr gut Gitarre spielt: "Er ist besser als du", sagte Price zu Dylan, dem auf seiner damaligen Tournee der neue britische Star noch persönlich begegnete.
Fünfzig Jahre später blickt Donovan in einer Retrospektive auf jenes erste Jahr seiner Karriere zurück. Zwei Langspielplatten und einige Hit-Singles hatte Donovan damals veröffentlicht. Nun bietet er sie in der Freiheizhalle auf einem Lammfell im Schneidersitz sitzend mit einigen späteren Songs angereichert dar. Alan Price hat noch immer recht: Donovan, der im Mai 70 Jahre alt wird, ist wirklich ein sehr guter Gitarrist, dessen Saitenspiel den Akkordfolgen geradezu spirituelle Schwingungen abgewinnt. Angefangen mit seiner ersten Single "Catch The Wind" über Buffy Sainte-Maries erschreckend aktuellen Anti-Kriegssong "Universal Soldier" bis hin zu "Mellow Yellow" gelingt es Donovan auch - oder gerade - in solchem reduzierten Der-Sänger-und-seine-Gitarre-Arrangement dem nur allzu häufig verschrammelten Folksong als eine dem Rock, Jazz oder der Klassik ebenbürtige Musik zu präsentieren.
Altersbedingt trifft seine Stimme dabei zwar nicht immer den richtigen Ton. Aber jeder Ton trifft hier die richtige Stimmung. Solche richtige Stimmung bewahrt eine Wahrheit, die im Schottland des 18. Jahrhunderts schon ebenso galt wie im München des 21. Jahrhunderts. Das beweist Donovan sehr ergreifend mit seiner Version des überlieferten Songs "The Trees They Grow So High", der bei Donovan "Young But Growing" heißt. Solche Musik ist nicht nur zeitlos schön, sie negiert die Zeit geradezu!