Kurzkritik:Zauberhaft

Lesezeit: 1 min

Songwriter Scott Matthew beim Pfingst-Theatron

Von Jürgen Moises, München

In Pasing ging ein schweres Gewitter nieder, und in Neuhausen gab es Schauer. Aber im Olympiapark beim Theatron? Da zogen zwar finstere Wolken auf, die sich bei den abschließenden Konzerten von Santi & Tugçe und Scott Matthew aber komplett auflösten. Damit hat es also nur am ersten Tag des Pfingstfestivals geregnet, das zumindest gefühlt bisher noch jedes Jahr unter Wasser stand.

Der Grund für dieses Pfingstwunder? Laut Wetterbericht-Verkünder und Veranstalter Thomas Lechner die positive Energie des zahlreichen Publikums. Das hatte am Tag zuvor noch mit der palästinensischen Truppe 47 Soul, die arabische Rhythmen und Melodien mit Dubstep und Hip-Hop verbinden, eine Open-Air-Party gefeiert. Auch bei Santi & Tugçe aus Berlin, die afro-lateinamerikanische Percussion mit Elektrobeats und orientalischem Gesang kombinieren, ging es eher beschwingt zu.

Für den Auftritt von Scott Matthew erbat sich Thomas Lechner dann aber absolute Ruhe. Und wer die oft sehr melancholischen, getragenen Lieder des amerikanischen Singer-Songwriters kennt, der kann diese Bitte gut verstehen. Wobei Matthew selbst live auf der Bühne keineswegs wie ein Trauerkloß wirkt. Im Gegenteil. Bei seinem ersten, wunderbaren Theatron-Auftritt vor zehn Jahren konnte man ihn, ziemlich angeheitert, mit einem sympathischen Dauerlachen erleben. Diesmal präsentierte er, laut Selbstaussage "slightly amused", begleitet von drei Musikern an Ukulele, Gitarre, Cello und E-Piano, Songs seines neuen Albums "Ode To Others". Darunter etwa "The Wish", eine anrührende Mischung aus Klage- und Protestsong, die das Attentat 2016 in einer Szene-Bar in Orlando thematisiert. Oder das sehr leichtfüßige Culture-Club-Cover "Do You Really Want to Hurt Me". Die Verwandlung fremder Songs in zauberhafte Ukulele-Balladen, das ist eh eine von Matthews großen Stärken, die er nach eigenen Songs wie dem traurigen, zum Heulen schönen "For Dick" am Ende noch einmal mit "Harvest Moon" und "I Wanna Dance With Somebody" demonstrierte.

© SZ vom 23.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: