Ensembles der Musikhochschule haben einen besonderen Status. Schlicht, weil sich deren Besetzung mit dem Kommen und Gehen der Studierenden ständig ändert. Dass das Ensemble Oktopus, der Klangkörper der Münchner Musikhochschule für Neue Musik, ein so gefestigtes und organisches Klangbild hat, ist die große Leistung der künstlerischen Leiterin Konstantia Gourzi. In der Reaktorhalle spielen sie nun zeitgenössische Stücke aus dem mediterranen Raum, die entweder im Text oder der Besetzung mit Schönbergs "Pierrot Lunaire" korrelieren.
Es liegen beinahe zwei Generationen zwischen dem Kompositionsstudenten Claas Krause, der ein wildes, wüstes Duo für Sopran und Klavier zu den Pierrot-Texten geschrieben hat und Dimitri Terzakis, geboren 1938. Dessen Duo "Tell Me" in gleicher Besetzung ist ein schlankes Stückchen, mit östlich anmutenden Harmonien und über ewige Melismen immer weiter schwebender Stimme. Der Wechsel von Krauses Worte-Spucken zu Terzakis nicht abbrechendem Gesangsstrom gelingt der Sopranistin Anna-Lena Elbert dabei souverän. So wie dieses ganze Ensemble musiziert: jazzig federnd in Phanos Dymiotis' Quintett "Five is enough" und in José Luis Castillos "Vindicación de Pierrot" die Grenze zur Geräuschhaftigkeit auskostend.
Nur in Theódoros Antoníous "Psalmos H" für Mezzosopran und Quintett gerät die Welt ins Wanken. Ein schwer religiöses und gleichsam Orient und Okzident musikalisch verschmelzendes Monster ist das. Dunkel flirrende Dramatik und die Stimmlage an der unteren Grenze von Solistin Florence Losseau wirken zunächst nicht ganz leicht greifbar für das Ensemble. Eklektisch mischt sich tänzerische Perkussion dazu, die ungewöhnliche Architektur wirkt gleichsam spannend wie bedrohlich. Doch am Ende umschlingen Geige und Stimme die Harmonien, ohne diese je in Gänze zu erfüllen. Die Musiker aber haben sich hier zusammengefunden und setzen das unsichere Zwielicht dieses Stücks fantastisch um.