Kurzkritik:Wahn und Witz

Philipp Weber in der Lach- und Schieß

Von Oliver Hochkeppel

Man kann ihn leicht unterschätzen, diesen Philipp Weber. Er wirkt, auch dank Pferdeschwanz und dem labbrigen T-Shirt immer noch viel jünger, als die 42 Jahre, die er auch schon auf dem Buckel hat; dazu kommt dieser Odenwälder Amalgam-Akzent aus Unterfränkisch und Hessisch. Vor allem aber ist es diese ADHS-artige Unrast, mit der er über die Bühne wirbelt und im Hochfrequenz-Stakkato seine Sätze abschießt, die mitunter von selbstberuhigendem Gebrabbel oder einem Goofy-Lachen unterbrochen werden, wenn er Gefahr läuft, sich selbst zu überholen. Alles in allem könnte man schnell an Comedy denken.

Doch Weber ist eben nicht nur sehr lustig, er hat auch im neuen, jetzt in der Lach- und Schießgesellschaft vorgestellten Programm "Weber No. 5 - Ich liebe ihn" ein ernstes, früher hätte man gesagt: gesellschaftlich relevantes Generalthema. Eines, das der studierte Chemiker zwar brüllkomisch aufbereitet, das er aber zugleich akribisch recherchiert und aus dem er bedenkenswerte Thesen abgeleitet hat: Um Manipulation durch Marketing geht es. Weber fächert das Thema in zwei Strängen auf. Einmal mit einer geradezu wissenschaftlichen Analyse der Bedürfnisse des Menschen und der Tricks, wie man sie weckt. Dafür findet er stets sprechende, den aktuellen Wahnwitz spiegelnde und das Zwerchfell strapazierende Beispiele - wunderbar etwa die Sucht, sinnlose neue Küchengeräte zu kaufen. Alles eingebettet in die fiktive Geschichte der eigenen Verführung : Da korrumpiert der alerte Marketing-Profi Matthias "Matt" Jung-Scholz den ach so gerne integeren, moralisch gefestigten, für die gute Sache streitenden Kabarettisten Weber mit 5000-Euro-Werbeauftritten als Weihnachtsmann oder beim Jägermeister-Ballermann auf Mallorca. Mit einem überraschenden Finale natürlich.

Das Leichte und das Schwere, das Alberne und das Kluge, das geht bei Weber so nahtlos, schnell und überzeugend ineinander über, wie bei wenigen. Uneingeschränkt empfehlenswert - auch ohne jedes Marketing.

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