Kurzkritik:Viel los jewesen

Schaubühne "Westberlin"

Robert Beyer, der Barkeeper, beschwört "Westberlin".

(Foto: Gianmarco Bresadola)

Nostalgischer Szenensalat mit Currywurst: Die neue Revue "Westberlin" an der Schaubühne.

Von Mounia Meiborg

Angeblich ist Westberlin ja längst wieder im Kommen. Die Schaubühne, gelegen am Ku'damm zwischen teuren Boutiquen und hässlichen Cocktailbars, widmet "Westberlin" nun eine Revue. Für den, der früher nicht dabei war, ergibt sich in zweieinhalb Stunden Nachhilfeunterricht der Eindruck: War viel los jewesen.

Sieben Schauspieler, sieben Westberliner Laiendarsteller und Rainald Grebe, Regisseur des Abends, erzählen von der besten Currywurst der Stadt, von 140-Quadratmeter-Wohnungen, die 43 Mark kosten, und von Zeiten, in denen man noch "Stößchen" und "astrein" sagte. Es geht ums Café Kranzler, die Hausbesetzer in Kreuzberg und die Drogenszene am Bahnhof Zoo. Auch Weltgeschichte gibt's im Schnellverfahren: Rosinenbomber, Westflucht, Kennedy, Benno Ohnesorg, David Bowie, Gorbatschow . . . Das ist selbst für eine Revue ein bisschen zu viel.

Am interessantesten sind die Geschichten der Laien. Vom jungen Mann, der sich auf dem Schwulenstrich Geld fürs Nachtleben verdient. Von der Frau, die von Scientology zu den Hells Angels kam. Heute arbeitet sie als Entspannungstrainerin. Aber nicht immer werden die Geschichten authentisch erzählt. Manches wirkt auswendig gelernt, vieles holprig. Der Kabarettist Rainald Grebe, seit Liedern wie "Brandenburg" und "Prenzlauer Berg" ein Spezialist für regionale Befindlichkeiten, findet keine Form für den Abend. Zwar ist links auf der Bühne eine Bar zu sehen, an der sich alle um den großartig abgeklärten Barkeeper (Robert Beyer) versammeln. Aber als Rahmensituation funktioniert das nicht. Übrig bleibt ein bunter Szenensalat, der in seiner Theatersprache leider wirkt, wie man sich Westberlin oft vorstellt: etwas angestaubt.

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