Kurzkritik:Unnachahmlich würdevoll

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Songwriter Kris Kristofferson im Circus Krone

Von Dirk Wagner, München

Woher kommt die unnachahmliche Lässigkeit, mit der Kris Kristofferson über die Bühne schreitet? Vielleicht ist sie dem Schauspieler Kris Kristofferson geschuldet, der 1977 den Golden Globe erhielt als Bester Schauspieler für seine Rolle in "A Star Is Born" an der Seite von Barbra Streisand. Vielleicht ist es aber auch Kristoffersons nach außen getragene innere Einstellung. Die Bewegungen sind schon ein wenig eingeschränkt. Violinist Scott Joss stützt ihn am Ende und weist ihm den Weg von der Bühne. Aber immerhin wird der würdevoll gealterte Singer-Songwriter an diesem Freitag 82 Jahre alt. Ohne hier festlegen zu wollen, wie man als 82-Jähriger auszusehen hat - so sieht Kris Kristofferson nicht aus!

Allerdings wäre es naiv, zu glauben, das Alter wäre spurlos an seinem Gesang vorbei gegangen. Zumal man ihm, der auch Mitglied der Supergroup The Highwaymen mit Johnny Cash, Waylon Jennings und Willie Nelson war, nie einen facettenreichen Gesang unterstellte. Trotzdem gilt auch für ihn, was für den Meister Bob Dylan gilt: Niemand singt Kristofferson wie Kristofferson. Darum gewinnen Songs wie "Me And Bobby McGee" oder "Help Me Make It Through The Night", die schon von herausragenden Sängern wie Janis Joplin, Elvis Presley oder Joan Baez interpretiert wurden, in Kristoffersons eigener Darbietung selbst da noch, wo ihm die Stimme zu versagen scheint.

Zumal solche Songs nirgends besser klingen als in den Erinnerungen ihrer Fans, die damit eigene Biografien zu verknüpfen wissen, korrigiert das innere Ohr der begeisterten Zuschauer im Circus Krone die eine oder andere Schwäche des Sängers. Vor allem aber weiß der sich großartig von einer Band gestützt, die schon mit dem ebenso legendären Countrystar Merle Haggard arbeitete: Der Keyboarder Doug Colosio, der Schlagzeuger Jeff Ingraham und der bereits erwähnte Violinist Scott Joss, der seine Geige immer wieder auch als Mandoline spielt. Zudem frischt dieses Ensemble das Kristofferson-Konzert mit stets rechtzeitig eingestreuten Merle-Haggard-Einlagen auf, die nun Scott Joss und Doug Colosio singen: "That's The Way Love Goes", "Daddy Frank" oder das unvergessliche "Okie From Muskogee" zum Beispiel. Tatsächlich verhindern solche Abwechslungen auch eine immer wieder aufkommende Monotonie in Kristoffersons Darbietung. Wohl dosiert vorgetragen, helfen seine Songs indes noch immer durch die Nacht.

© SZ vom 21.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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