Kurzkritik:Überzeugend

Pianist Jacob Karlzon im Bayerischen Hof

Von Oliver Hochkeppel

Die Regel sei, dass man spiele, wenn sich mehr Leute im Saal als auf der Bühne befänden, sagte Jacob Karlzon mit Musiker-Galgenhumor eingangs seines Auftritts im Nightclub des Bayerischen Hofs. Die enttäuschende Kulisse war eigentlich paradox angesichts seines Programms und seiner musikalischen Entwicklung: Der schwedische Pianist wuchs mit Rock auf, bevor er den Jazz und seinen höheren Grad der Freiheit des Ausdrucks entdeckte. Nach Jahren als Begleiter der Sängerin Viktoria Tolstoy und mit eigenen, beim Münchner Act-Label verlegten Projekten, die skandinavischen Jazz mit Rockelementen verbanden, ist er mit seinem bei Warner erschienenen Trio-Album "Now" nun noch einmal näher in die Pop-Ecke gerutscht.

"Mich interessieren intellektuelle Experimente für Insider immer weniger, mir geht es um ein Höchstmaß an Kommunikation auf der Bühne wie mit dem Publikum", sagt Karlzon nach dem Konzert im Bayerischen Hof. Das belegen Stücke wie das mit einem fast technoiden Beat unterlegte "Higher", die melancholische Ballade "November" oder die Bombast-Orgie "Monster" - entstanden unter dem Eindruck des Trump-Wahlsieges in Amerika. Einfache, sehr klare Melodien liegen ihnen allen zugrunde, die aber nicht à la e.s.t. in dynamischen Schleifen repetiert, sondern stets einem gleichwertigen Beat gegenübergestellt und mit pianistischer Wucht und oft mit elektronischen Sounds befüllt werden.

Die Gratwanderung zwischen komplexen Kombinationen und Eingängigkeit gelingt Karlzon im Trio mit dem bei allem Druck filigranen und perkussiven Schlagzeuger Rasmus Kihlberg und dem eingesprungenen Bassisten Mattias Svensson überzeugend. Was auch daran liegt, dass es nicht viele Pianisten gibt, die chromatische Läufe oder bis in den Mikrosekundenbereich hinein variierte Akkordcluster so sicher und flink beherrschen. Was beim nächsten Mal hoffentlich mehr Hörer bewundern.

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