2003 war die erste "Nachtmu-sik der Moderne" des Münchener Kammerorchesters Jörg Widmann gewidmet. Beim 40. "Porträtkonzert" ist Widmann der erste Komponist, den erneut charakteristische Werke in der Rotunde der Pinakothek der Moderne vorstellen: darunter als Uraufführung die Version für Kammerorchester des selten aufgeführten Oboenkonzerts von 2010 und ein kleines, feines Streichsextett mit unbändiger Lust am Rhythmus, das Widmann mit 19 geschrieben hat.
Die Nachmusik begann nach einem ebenso launigen wie erhellenden Gespräch zwischen Jörg Widmann und dem neuen MKO-Chefdirigenten Clemens Schuldt mit einem Oktett Widmanns von 2004: zugleich Referenz an das berühmte Werk Schuberts in der gleichen Besetzung wie Statement für die gefährdete Schönheit und die Berechtigung von emphatischer Tonalität in der zeitgenössischen Musik. Das war freilich immer gewürzt mit unerwarteten dissonanten Reibungen, die dadurch umso schärfer klangen, sowie eigentümlich verstörenden "Übermalungen" tonaler Verläufe.
Virtuos und musikalisch ungeheuer kon-trastreich dann die vom Komponisten selbst traumwandlerisch sicher und aufregend gespielten "Drei Schattentänze" für Klarinette solo mit einem "Danse africane", der das akustisch verstärkte Spiel mit den Klappen wie Trommeln als zweite Stimme hörbar machte. Das Oboenkonzert war zum Finale noch einmal ein faszinierend vielschichtiges halbstündiges Werk in fünf Sätzen, das alle Aufmerksamkeit von Spielern wie Hörern fokussierte.
Egal ob getragen und ruhig vorzutragende Passagen oder die schnelleren Teile, ob schwebend singender "Canto" oder das leidenschaftliche "Appassionato": Der phänomenale Stefan Schili als Solist und die Streicher des Münchener Kammerorchesters samt zusätzlichen Bläsern und Schlagzeugern gaben ihr Bestes für dieses anspruchsvolle Konzert, das der ARD-Musikwettbewerb doch 2017 zum Pflichtstück beim Semifinale oder beim Finale im Fach Oboe wählen könnte.