Kurzkritik:Tonmeister

Das Omer Klein Trio in der Unterfahrt

Von Oliver Hochkeppel

Am Ende hatte Omer Klein noch einen innovativen Vorschlag für die Presse parat: Die könne doch einmal Publikumsrezensionen schreiben. Kein Problem: Für ein Jazzpublikum erstaunlich heterogen, saalfüllend, aufmerksam und begeisterungsfähig waren die Leute. So zur Geltung wie an diesem Abend in der Unterfahrt kommt das freilich nur, wenn auch auf der Bühne Spektakuläres passiert. Und dieses große Wort ist bei Klein durchaus am Platz: Nicht oft kann man ein Trio sehen, das soviel Spaß ausstrahlt, das die Jazztradition mit aktuellen Strömungen zu etwas so unverwechselbar Eigenem verbindet und dessen staunenswerte Virtuosität ganz ohne Auftrumpfen daher kommt.

Was mit dem Bandleader am Klavier beginnt. Klein zeigte, was Schnelligkeit, Anschlag, Finesse und Einfallsreichtum angeht, dass er zur kleinen Schar der echten Meisterpianisten gehört. Bei ihm gibt es keine Bedarfsbegleitungen, keine abgenudelten Single-Note-Läufe, keine billigen Changes. Selbst in der Reduktion lässt er sich immer etwas Neues einfallen, eine überraschende Harmonie, eine unerwartete Verzierung, eine verblüffende Attacke. Und wenn er mal andere Pianisten zitiert - beim Standard "It Could Happen To You" sowohl die Bebop-Version eines Oscar Peterson wie die moderne Variante eines Keith Jarrett -, dann ist das ein Spiel mit dem Vorbild, das fast schon zur Parodie wird. Beide Hände sind bei ihm gleichberechtigt wie bei wenigen Kollegen, er kann sie im höchsten Tempo fliegen lassen oder Akkordcluster setzen, charakteristisch aber ist vor allem der pointierte, zwischen legato und stakkato gehaltene Anschlag. Was zusammen mit dem fulminanten Bass von Haggai Cohen-Milo - der ein gutes Dutzend unglaubliche, singende Soli spielte - und dem leicht fiebrigen, flinken, immer dienenden Schlagzeug von Amir Bresler meist einen Sog erzeugte, wie man ihn auf ganz andere Art von e.s.t. kannte.

Bei den Schweden erzeugte den die Dynamik eines neuen Jazzrocks; bei diesem israelisch-amerikanischen Trio entsteht er mit den klassischen Mitteln des Jazz. Kleins exzellente Eigenkompositionen - jede einzelne sofort wiedererkennbar - bleiben auch noch bei seriellen Passagen oder elegischen Themen stets melodiös und eingängig. Fast könnte man sie altmodisch nennen, wären nicht auch mediterran-arabische Elemente verwoben - und nicht zuletzt ein Schuss jenes schon eingangs erwähnten Humors.

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