Kurzkritik:Teil der Party

"Pink Money" im Schwere Reiter

Von Christiane Lutz

"Pink Money", so nennt die Wirtschaft die Kaufkraft der LGBT-Community. Die schafft sich nämlich häufig eigene Bereiche - Bars, Partys, Veranstaltungen - in denen sie unter sich ist. Nicht, weil sie sich abschirmen wollte, sondern weil sie sich dadurch ein bisschen Sicherheit erkaufen kann. Das sei leider noch immer nötig. Pink Money, das ist eine Art Schmiergeld, um der sein zu dürfen, der man ist. So erklärt das Antje Schupp in der Performance "Pink Money", die sie für die Kaserne Basel mit den südafrikanischen Künstlern Kieron Jina, Mbali Mdluli und Anelisa Stuurman entwickelt hat.

Antje Schupp - zu Beginn gekleidet in Lederhosen und mit Hitlerbart - spricht von Homophobie, die es selbst in Deutschland noch gibt. Ihre Kollegen erzählen in kurzen Episoden, wie sie doppelte Diskriminierung erleben: Einmal, weil sie lesbisch, trans, schwul sind, ein weiteres Mal, weil sie schwarz sind. Der heterosexuelle Weiße geriert sich in diesen Geschichten als der Überlegene, der Mächtigere. Die persönlichen, teils schockierenden Berichte wirken wie das Aufwachen nach einer durchzechten Partynacht, die die Performer mit exzessiven Tanznummern feiern. Sie ziehen sich aus, um, spielen mit Geschlechterklischees, flirten Zuschauer an und lassen sie auflaufen.

Im Schweren Reiter bewegen sich die Zuschauer zwischen einer Bar, einem DJ-Pult und einem Podest als Teil der Party, vielleicht als Teil der Industrie, die vom "Pink Money" lebt. Als Voyeur auf jeden Fall. Irgendwann knallen Schüsse, eine Performerin liegt am Boden. Auf Hass gegen Schwarze, gegen LGBT, folgt oft genug Gewalt. So "lustig" und "so bunt", wie die Community oft verniedlichend bezeichnet wird, ist ihr Alltag selten. Die Partys, ihre Tänze, ihr Exzess sind oft genug nur der Versuch, mit der Realität umzugehen. So wirkt auch die ganze Performance unterm Strich wie ein einziges, großes Selbstvergewisserungsritual. Das ist vielleicht nicht hochkomplex, aber mitreißend und berührend.

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