Kurzkritik:Süffige Diktion

Juraj Valčuha dirigiert die Philharmoniker

Von Klaus P. Richter

Es dauerte eine Weile, bis sich die Klangaromen des impressionistischen Konzertabends in der Philharmonie entfalteten. In der "Ibéria" aus Debussys "Images" für Orchester wählte Maestro Juraj Valčuha mit den Münchner Philharmonikern eine eher süffige Diktion. Die Programmmusik eines imaginierten spanischen Ambientes offenbarte sich, trotz schwelgerischen Bläserkolorits und den Lichterspielen modaler Modi als recht kompaktes, sinfonisches Opus, dem Kastagnetten und Habanera-Rhythmus "spanische" Akzente aufsetzten.

Umso gespannter war man auf den mondänen Pianistenstar Jean-Yves Thibaudet mit einer Rarität: der "Fantaisie" für Klavier und Orchester von Debussy. Sie ist eigentlich ein "heimliches" Klavierkonzert, das Debussy zu seinen Lebzeiten nicht aufgeführt haben wollte. Aber nach dem ostentativen Anfangstriller verschwand das Klavier lange in den massiven Klangfluten des 70-Mann-Tuttis. Offen bleibt, ob das an der Faktur lag, die weniger einen Dialog mit dem Orchester führt als öfter seiner Bestätigung dient, an der Gasteig-Akustik - oder an der noblen Diskretion des Pianisten. Die kam erst im langsamen Satz "Lento e molto espressivo" zu ihrer hörbaren Entfaltung in zauberischen Klangessenzen, vollends in der Zugabe von Ravels "Pavane", samt ein paar eigenen Dekorationen von Thibaudet.

Grandiose orchestrale Klangspiele entfalteten sich in einer anderen Programmmusik: bei Ottorino Respighi. Im Zyklus "Fontane di Roma" und "Pini di Roma" zeigte Valčuha, früher Chef des RAI-Orchesters und jetzt Musikdirektor des Teatro San Carlo Neapel, alle Facetten seines feinnervigen Temperaments. Trotzdem verlor er mit striktem Metrum nie die Kontrolle in den Klangkaskaden, wo die Philharmoniker zwischen dichterischen Tumulten mit Posaunenchören, Orgel und Klavier und geisterhaftem Pianissimo-flüstern glänzten.

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