Kurzkritik:Sixpack-Ballett

Musiker und Tänzer aus Kuba im Circus Krone

Von Stefan Salger

Was ist das nun? Ballett? Showtanz? Kampfsport? Chippendales? Es ist von allem etwas: Im Circus Krone gastiert bis einschließlich Sonntag Ballet Revolución aus Kuba. Die Liveband und die 18 von Kostümdesigner Jorge Gonzalez ausgestatteten Tänzer touren seit Spätherbst durch Deutschland, München kennen sie von regelmäßigen Gastspielen in den vergangenen Jahren. Trotzdem machen sie bei der diesjährigen Premiere am Dienstag eine ungewohnte Erfahrung. "Die Leute sind zum Applaudieren aufgestanden, das ist selten in Deutschland", sagt der Schlagzeuger Rayhner Lasserie Echegoy.

Und ja, der Funke ist in der Tat übergesprungen, die schweißtreibende Arbeit wird vom Publikum gewürdigt. Fast zwei Stunden wirbeln begnadete Körper über die Bühne. Hier mit Muskeln bepackte Männer, gerne mit blankem Oberkörper. Dort gertenschlanke, grazile Frauen. Ihre Wurzeln liegen unverkennbar im altehrwürdigen Gran Teatro de La Habana, dem Nationaltheater in der kubanischen Hauptstadt. Von Kindesbeinen an werden dort Arabesque, Attitude und Retiré gepaukt wie andernorts Formeln oder Vokabeln. Es bewahrheitet sich, dass auf der darbenden Karibikinsel zwar der Putz bröckelt und sich die Castro-Ära dem Ende zuneigt, dass aber alles, was mit Tanz oder Musik zu tun hat, global noch konkurrenzfähiger ist als Tabak, Rum oder Zucker. Fast ein wenig schade, dass die fürwahr exzellente Band mit den stimmgewaltigen Janine Johnson und Weston Foster nur selten spanische Stücke spielen darf. Zu atemlosen Beats und englischen Texten lassen sich Athletik und Akrobatik leidlich zelebrieren. Der unwiderstehliche Hüftschwung der Latinas und der coole Machismo der Männer kommt aber bei Luis Fonsis "Despacito" in all seiner knisternden Erotik noch besser zur Geltung.

Angesichts der maskulinen Übermacht wirkt die Choreografie bisweilen etwas rustikal - wenn Mann mit Mann tanzt. Aber so sind sie, die Kubaner - mit Konventionen haben sie es nicht so. Ballett? Showtanz? Ach was: Revolution!

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