Kurzkritik:Schöne Illusion

Heather Nova auf Zeitreise in der Muffathalle

Von Jürgen Moises

Sie könnte heute ihre eigene Tochter sein, die junge Frau, die vor 23 Jahren das Album "Oyster" veröffentlicht hat. Deswegen sei es schon ein bisschen seltsam, erzählt Heather Nova bei ihrem Konzert in der Muffathalle, das Album noch einmal komplett live zu spielen. Warum sie das auf ihrer aktuellen Tour tut? Weil es, so die von den Bermudas stammende Singer-Songwriterin, damals ein sehr wichtiges Album für sie war. Ein Album, das ihr in einer Zeit der Krise Stärke gab. So weit jedenfalls die auf der Bühne abgegebene Begründung. Stöbert man noch ein bisschen in Novas Biografie herum, sieht man, dass sie im Juli ihren 50. Geburtstag hatte. Man mag das kaum glauben, weil sie auf der Bühne immer noch wie die junge Frau von damals wirkt. Aber man hat damit eine weitere mögliche Erklärung für die Zeitreise.

Diese unternimmt Nova in der Muffathalle nicht alleine. Denn ihr steht, wie sie es selbst nennt, ihre "alte Band" zur Seite. Das heißt vier Musiker an E-Gitarre, Bass, Schlagzeug und Cello, mit denen sie vielleicht nicht direkt auf der "Oyster"-Tour, aber in vergangenen Jahren gespielt hat. Ach, und sie trägt, damit die Illusion perfekt wird, auch noch die silberne Hose, die sie im Video zum Song "Walk This World" anhatte.

Den gibt es wie alle anderen Songs von "Oyster" zu hören, inklusive der "B-Sides"-Lieder "Home" und "Blind", die sie vorher niemals live gespielt hat. Bei "Verona" baut Nova als Zeitkolorit außerdem ein Zitat aus Nirvanas "Smells Like Teen Spirit" ein. Was musikalisch tatsächlich gar nicht fern liegt. Denn auch "Oyster" entstammt dem Geist des Neunziger-Indierock, was einem die Gitarristin Berit Fridahl mit harten Riffs und bei der Zugabe "Sugar" mit heulendem Feedback klarmacht. Im Kontrast zu Novas Sirenengesang macht gerade das auch heute noch den Reiz der alten Songs aus. Und man muss zugeben: Diese, ergänzt durch ein paar neuere wie "Sea Glass", noch mal in "klassischer" Besetzung live zu hören, macht Freude.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: