Kurzkritik:Prachtmonster

Raphaela Gromes und Julian Riem begeistern bei Winners & Masters im Gasteig

Von Andreas Pernpeintner

Für Kammermusiker ist der Kleine Konzertsaal herausfordernd. Mit einem Konzertflügel hat man hier auch im vollbesetzten Saal den Partner, ehe man sichs versieht, vom Podium gefegt. Die Cellistin Raphaela Gromes und der Pianist Julian Riem erkennen das Problem bei Winners & Masters sofort - und lösen es umgehend: Nicht jedes Forte ist bei Beethovens D-Dur-Sonate op. 102/2 eingangs schon perfekt austariert. Doch erstens passt der kernige Eindruck sehr gut, zweitens nehmen die beiden die leiseren Passagen so effektvoll zurück, dass an lebendiger Dynamik kein Mangel herrscht. Und schon das Adagio gelingt hinreißend. Nicht weil Gromes und Riem süße Lyrik vergießen würden, sondern weil sie ganz im Gegenteil sowohl eine gewisse Kühle zulassen, als auch die Erinnerung an die dezidierte Klangwelt des ersten Satzes lebendig halten.

Das zweite Werk stammt aus der Feder von Richard Dünser. Praktischerweise ist der im Saal und erläutert seine Ideen. Vertont ist Hieronymus Boschs Triptychon "The garden of desires": Erschaffung der Welt, Paradies, Garten der Lüste, Hölle. Dieses Programm im Kopf, werden die Sphärenakkorde, die Sanftmut, das kalte Flageolett und die heftige Motorik zum assoziativen Erlebnis. Martinůs Variationen über ein Thema von Rossini runden mit ihrem feingliedrigen Stimmungsreichtum diese Programmhälfte ab und leiten, von Gromes brillant gespielt, zur Celloversion der mächtigen A-Dur-Sonate von César Franck nach der Pause über. Ein spätromantisches Prachtmonster: Schon im ersten Satz könnte man sich inbrünstig in die selige Melodik und die üppigen Akkorde stürzen - und darin ersaufen. Das Stück ist lang und seine atemlose Intensität lässt nicht nach. Gromes und Riem wahren deshalb gekonnt die Contenance, beginnen herrlich dezent, spielen mit absoluter Klangkontrolle, genießen, sind aber nie zu schwelgerisch. Großartig musiziert.

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