Kurzkritik:Perfektioniert

"The Corrs" umgarnen ihre Fans in der Olympiahalle

Von Ralf Dombrowski

Alles ist anders. Früher hatten Fans Feuerzeuge in der Tasche, um in den Momenten der Wallung die Daumen mit dem Flämmchen hochzuhalten und Glühwürmchenheere zu schaffen. Heute strecken sie Taschenlampen-LEDs ihrer Mobiltelefone in die Höhe, die mit dem Charme einer Mundrauminspektion die wohlige Klangstimmung desodorieren. Früher war der Sound oft schlecht, dafür konnte man Originale auf der Bühne erleben, die an der Basis ihrer Kunst laborierten, denn es wollten so manche Sounds und Stile erst noch erfunden werden. Heute klingt selbst die Olympiahalle ganz anständig, nur der Entdeckergeist der Musiker hat sich längst verflüchtigt.

Aber Ende des Lamentos! Schließlich können The Corrs nichts dafür, dass sie erst in den Neunzigern in der Popwelt auftauchten, um mit einer Mischung fröhlicher, von volksmusikalischen Akzenten durchzogener Melodien gegen die damals herrschende technoide Langeweile anzutreten. Im Unterschied zu den Wirtshausbarden oder den Intellektuellen des Irish Folk konzentrierten sie sich auf die anschmiegsame und freundliche Seite des Genres, und das haben die Geschwister aus dem Städtchen Dundalk bis ins Detail durchdacht. Nach einem Jahrzehnt Platten- und Bühnenpause wieder unterwegs, umgarnen sie das Publikum in der Olympiahalle mit einem perfekt laufenden Programm ihrer Lieblingsmelodien von "Love To Love You" bis "Runaway", "Breathless" und neuen Songs wie "Kiss Of Life".

Aufgebaut nach klassischer Entertainmentdramaturgie, werden die kräftigeren Lieder nach einer halben Stunde von einem Folk-getönten Intermezzo mit Instrumentals wie "Erin Shore" abgelöst. Überhaupt sind diese Momente der Reduktion des Poppigen auf die Wurzeln des musikalisch Familiären die stärksten des Konzerts. Man ahnt, was Andrea, Sharon, Caroline und Jim Corr antreibt, sich nach einem Vierteljahrhundert wieder auf den Weg zu machen, um die Menschen an ihren Melodien teilhaben zu lassen. Und man wünscht sich die Band in einen kleinen Club, fernab der Absurdität eines bestuhlten Hallenkonzerts, wo sie mehr sie selbst sein könnten und weniger Popstars sein müssten.

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