Kurzkritik:Ohne Spitze

ARD-Musikwettbewerb

Zeigte Spuren von Flamenco-Freigeist Paco de Lucia: Junhong Kuang.

(Foto: D. Delang)

Zwei zweite Preise beim ARD-Finale Gitarre

Von Oliver Hochkeppel

Bis zur Pause des Finales im Fach Gitarre konnte man im Prinzregententheater trefflich über die vergebene Chance sinnieren, eindringlicher Werbung für das erstmals nach 24 Jahren wieder im ARD-Musikwettbewerb vertretene Instrument zu machen. Über Repertoire-Vorgaben, die nur unwesentlich anders aussahen als damals; über ein missratenes Auftragswerk; über eine Professoren-Jury, die wie eh und je den versiertesten Gitarristen und nicht die fesselnde Musikerpersönlichkeit suchte; über oft mutlose Teilnehmer. So gingen auch die drei Finalisten für das Konzert mit dem Bayerischen Rundfunkorchester auf Nummer sicher und wählten alle den Klassiker schlechthin aus: Joaquín Rodrigos "Concierto de Aranjuez".

Besonders der Australier Andrey Lebedev hätte das besser nicht getan. In den Durchgängen zuvor hatte er bewiesen, dass ihm das Moderne, Rhythmische besonders liegt - Rodrigos Pathos war sichtlich nicht sein Terrain. Kaum besser erging es zu Beginn dem Schweiz-Italiener Davide Giovanni Tomasi. So fein er spielte, so schön sein Ton war, so sehr fehlte es auch ihm an der hier erforderlichen Dynamik und Attacke.

Bis zu guter Letzt Junhong Kuang fulminant demonstrierte, dass man auch als siebzehnjähriger Chinese - der freilich bei Manuel Barrueco studiert - den Schmiss des Fandangos ebenso wie die Trauer und Wut des berühmten Adagios verinnerlichen und in musikalischen Zauber verwandeln kann. Technisch ohnehin überragend, überzeugte Kuang also auch im Ausdruck, sogar eine Spur des Flamenco-Freigeists der legendären Interpretation von Paco de Lucia war zu hören. Dass die Jury am Ende an Lebedev einen dritten und an Tomasi wie Publikums-Sieger Kuang jeweils einen zweiten Preis vergab, bildete also nicht diesen Abend ab, sondern eher den Gesamteindruck aller vier Durchgänge, in denen auch Kuang nicht alles gestalterisch bewältigt, Tomasi dafür mehrfach geglänzt hatte.

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