Kurzkritik:Nuancenreich

Das Delian-Quartett brilliert in Nymphenburg

Von Harald Eggebrecht

Ein wahrhaft europäisches Quartett: der Primarius Adrian Pinzaru stammt aus Rumänien, der zweite Geiger Andreas Moscho aus Deutschland, der Bratscher Georgy Kovalev aus Russland und die Cellistin Miriam Prandi aus Italien. Seinen Namen leitet es von einer Benennung des Gottes Apollon ab, die auf der Insel Delos gebräuchlich ist. Auch das Programm der "Delians" im Nymphenburger Hubertussaal zeigt, dass die Musiker lieber wenig begangene Pfade erkunden, als auf der überfüllten Hauptstraße bekanntester Quartettmusik zwischen Haydn bis, sagen wir, Dvořák um Beachtung zu rangeln.

Die "Delians" spielten zu Beginn und nach der Pause insgesamt neun Contrapuncti aus Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge". Konzentriert, ausbalanciert und stets auf die Gleichwertigkeit der Stimmen bedacht, entstanden die Fugen, nicht verunklart durch falsches Vibrato, doch ohne Dogmatismus als fesselnde Musik. Dieser strengen, dabei höchst sinnlichen Demonstration vermeintlich nur abstrakt-konstruktiver "Kompositionswissenschaft" ließen die Musiker dann die Theater-Suite von Dmitri Schostakowitsch (arrangiert von Elizabeth Wilson) folgen als so kurzweilige wie elegant boshafte Reihe tänzerischer Charakterstücke. Jetzt verwandelte sich das Quartett in eine, die instrumentalen Scherze präzise treffende Formation, stets beherrscht und doch gelassen, sehr zum Vergnügen des Publikums. Besonders die in drei Schritten bis ins fast Unhörbare zurückgenommene Pizzikato-Gavotte löste spontane Begeisterung aus.

Das Quartett setzt weniger auf Tonvolumen, breiten Streicherklang und schwungvoll-naives Temperament als vielmehr auf klangliche Feinabstimmung, rhythmische Raffinesse und auf die Verständlichkeit eines bis ins leiseste Pianissimo hinein intensiven "Vierergesprächs". So überraschte das 4. Quartett des 16-jährigen Schubert, als setzte es Bachs Fugenkunst mit anderen Mitteln fort. Und den Witz der Haydn-Zugabe rissen die "Delians" so gekonnt, dass einfach alle in die Falle falschen Beifalls liefen.

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