Kurzkritik:Massentauglich

Bodo Wartke reimt und swingt im Circus Krone

Von Oliver Hochkeppel

Wenn man bei einem Swing-Orchester einmal nicht auf Silberhaar im Publikum sieht, dann hat sich meist ein Schauspieler oder ein Popsänger ins klassische Jazzfach begeben. Musikkabarettisten kamen bislang schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf diesen Dreh - bis Bodo Wartke eine "Swingende Notwendigkeit" sah: David Canisius' 13-köpfiges Capital Dance Orchestra plus zwei Tänzerinnen und Sängerinnen umrahmen seither ein "Best-of" des Klavierkabarettisten und Großmeisters im Reimen.

Dieses große Format hat geradezu auf Bodo Wartke gewartet. Der 38-jährige Arztsohn, der immer noch für 28 durchgeht, war schon immer der liebenswerte Streber der Szene, der Lausbub der Hochkomik. Einer, der die Georg-Kreisler-Prüfung mit Bestnote besteht, der Sophokles' Ödipus zum genialen 100-Minuten-Reim-Ritt macht und auch mal ein Dylan-Thomas-Stück oder Offenbachs "Orpheus" vertont. Dass er das Intellektuelle mit dem Nonsens, das Altmodische mit dem Aktuellen, und ironische Sprödheit mit jugendlicher Lässigkeit verbinden kann wie kein zweiter, hat ihm ein Massenpublikum beschert. Das bedient er auch im Circus Krone, aber er fordert es auch - wie "Swingende Notwendigkeit" wieder beweist.

Denn viele seiner sprachspielerischen Liebeslieder sind im großen Format weniger knallig und lustig. Aber sie entfalten das Potenzial für einen Entertainer vom alten Schlag. Und den gibt Wartke wie wohl kein Deutscher vor ihm: Dass er Singen, Klavierspielen und Dichten kann, wusste man vorher. Jetzt tanzt er auch noch im weißen Dreiteiler Charleston, Boogie und Salsa, er steppt und scattet, wickelt den Saal um alle verfügbaren Finger und weiß selbst noch mit einem Bluesharp-Solo zu überzeugen. Eigentlich ist all das total altmodisch, aber Wartke und das Orchester machen es so gut, dass man begreift, dass manches früher eben wirklich besser war.

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