Kurzkritik:Mannomann

Die Philharmoniker mit Richard Strauss' "Don Juan"

Von Klaus Kalchschmid

Die erste Oper von Richard Strauss hätte ein "Don Juan" sein sollen. Wer die beiden spannenden Handlungsentwürfe liest, die im Programmheft der Münchner Philharmoniker abgedruckt sind, bedauert, dass Strauss das Thema nicht auf die Bühne gebracht hat. Aber so ist die Begegnung mit seiner gleichnamigen Tondichtung, die das Gedicht von Nikolaus Lenau zur Vorlage hat, immer wieder eine aufregende, leider nie eingelöste Verheißung. Denn die Hitzigkeit, die hier in einem "Einakter ohne Worte" beim 24-jährigen Strauss auch rhythmisch prägnant über weite Strecken aufschäumt, fasst den mythischen Charakter dieses Inbegriffs der Abgründe alles Männlichen faszinierend in Töne. Die Münchner Philharmoniker unter Valery Gergiev wurden manchmal von der Rasanz und Temperatur der Partitur - vor allem bei den beiden Themen des Juans - fast überrannt. So überwältigten sie den Hörer, auch wenn man sich manches schlanker und sehnig gespannter vorstellen mag. Umso schöner sind dafür die verhaltenen, kammermusikalischen Momente, die in traumhaft schönen Geigen- oder Oboensoli der Weiblichkeit vorbehalten sind.

Wunderbar ruhig, ja mystisch in den tiefen Streichern plus Kontrafagott begann Maurice Ravels einsätziges Klavierkonzert für die linke Hand. Schon bald aber rauschte Pierre-Laurent Aimard über die Tasten des Flügels, dass man hier und auch später geschlossenen Auges zwei Hände am Werk glaubte. Ebenso beeindruckten die plötzlichen, umso gewaltigeren, von Gergiev tief ausgekosteten Steigerungen, aber auch die lyrisch zerfließenden Momente des Klaviers, feine Jazz-Allusionen und nicht zuletzt der deutlich aufscheinende Bolero - fast ein Selbstzitat.

Schade, dass nach der Pause kein weiterer Klassiker des 20. Jahrhunderts folgte, sondern Ludwig van Beethovens "Eroica". Sie wirkte in der üppigen Klanglichkeit, aber auch der mangelnden rhythmischen Prägnanz, den meist gemessenen Tempi samt entsprechenden Ritardandi eigentümlich altmodisch: ein Breitwand-Sound, wie er heute überholt scheint und der der Musik Biss, Leuchtkraft und Transparenz nahm.

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