Kurzkritik:Liebe unterm Luftballon

"Perfect Romance" in den Kammerspielen

Von Petra Hallmayer

Am Eingang bekommen wir einen rosaroten Chip. Drinnen räkelt sich eine kaffeebraune Schöne wie Michelle Pfeiffer auf einem Flügel. Ein Jüngling posiert mit einem Herzchenluftballon vor einem Sonnenuntergang auf See. Mitten im Raum steht eine Bar, auf der das Logo der Perfect Romance Corporation prangt, eines von der Gruppe The Agency gegründeten fiktiven Unternehmens mit eigener Website, das uns perfekte romantische Momente verspricht. Oder wie es in der PR-Prosa der Performer heißt: "Main Goal von The Agency ist eine Subversion neoliberaler Formate als ready-to-go utopic Solution mit hoher Diffusionskapazität."

Mit dem Autor Leif Randt inszeniert das Kollektiv in der Kammer 2 ein parodistisches Spiel mit den Techniken eines Dienstleistungsmarktes, der jedes Bedürfnis prompt befriedigt, auch die Liebe zur Ware macht. Das klingt nach einer spannenden und witzigen Idee. Die Realisierung des Fakes versucht "Perfect Romance" jedoch nicht ernsthaft, dafür wäre weit mehr nötig gewesen, als rote Luftballons und eine Fototapete. Stattdessen bieten uns umherschwirrende dauerlächelnde professionelle Lover Schaumwein aus Bechern an, derweil eine Stimme beharrlich flötet: "Enjoy yourself!" Einige Zuschauer dürfen mit einem der Lover kurz hinter einem Vorhang verschwinden, der Rest steht und geht lange planlos im Raum herum.

Irgendwann spielt der Jüngling eine Szene aus "Titanic" nach. Die Performer erzählen radikal banale Dating-Geschichten, die von Floskeln durchwoben sind. Die pseudoauthentischen Dialoge, erfahren wir, gehören zu einem der buchbaren Skripte der PRC, was uns wohl demonstrieren soll, wie normiert die Sprache der Liebe ist. Schließlich können wir mit unserem Chip den tollsten Lover des Abends wählen, wofür sich die Siegerin mit einer lustigen Hollywood-schnulzigen Rede bedankt. Der Internet-Werbeauftritt der PRC ist perfekt. Das (künstlerische) Produkt dagegen leider ziemlich enttäuschend. Aber das ist ja oft so im echten Leben.

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