Kurzkritik:Leid und Lust

Puccinis "Il trittico" bei den Opernfestspielen

Von Ekaterina Kel

Nie war eine Pause in der Oper nötiger: Gerade hat sich vor den Augen der Zuschauer eine Nonne, die Schwester Angelica, selbst getötet. Mit Gift. Kurz vor ihrem Tod ist ihr die heilige Maria erschienen. Sie hatte den verstorbenen Sohn der Nonne dabei - seine uneheliche Geburt brachte Angelica überhaupt erst ins Kloster, auf Geheiß ihrer ultrafiesen Tante. Die Niederländerin Lotte de Beer inszeniert die Schlussszene des Einakters "Suor Angelica" von Giacomo Puccini so, dass einem vor allem die vor Schock weit aufgerissenen Augen der toten Nonne im Gedächtnis bleiben. Und ihre kläglichen Seufzer, aus dem tiefsten Inneren der zerbrochenen Seele. Die Albanerin Ermonela Jaho ist nicht nur eine hervorragende Besetzung für die fragile Angelica, ihr Sopran nicht nur ein makelloses Beispiel einer in den höchsten Lagen plastischen Stimme, sondern auch eine Darstellerin mit beeindruckender emotionaler Strahlkraft.

Das große Leid der Nonne bildet den dramatischen Höhepunkt in Puccinis "Il trittico", einem Triptychon aus drei Opern in je einem Akt, und steht am Ende des zweiten Stücks. Zuvor hat man in "Il tabarro" einem Eifersuchtsdrama unter Arbeitern auf einem Schiff zusehen können. Das endete unweigerlich mit dem Tod des Geliebten Luigi. Tenor Yonghoon Lee macht seinen Auftritt zum musikalischen Schmaus, die heftigen Ausbrüche in seiner Stimme bauschen sich auf wie Wellen und paaren sich wunderbar mit dem gleichsam beruhigenden und fatalistischen Motiv, das Puccini für das Meer komponierte.

Kirill Petrenko kitzelt jede Feinheit mit der gebotenen Sicherheit aus der Partitur. Ein Mord aus Eifersucht und ein Suizid aus Verzweiflung also. Kein Wunder, dass Puccini und sein Librettist Giovacchino Forzano im Anschluss an das absolute Leid ihrem Publikum ein erheiterndes Bonbon servieren wollten. Deshalb folgt nach der Pause auch das Amüsement des Abends: "Gianni Schicchi". Ambrogio Maestri als Titelfigur rückt das harmlose Spektakel mit seinem bassigen Bariton in die Sphären des besonderen Erlebnisses. Es ist Petrenkos Dirigat, das genau die richtige musikalische Verlässlichkeit ausstrahlt, um die drei eigenartigen Teile zu einem ganzheitlichen Abend zu formen.

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