Kurzkritik:Leicht ist schwer

Das Kammerorchester auf Wanderschaft

Von Ekaterina Kel

Im Wandern steckt Lust und Leid zugleich. Unter dem Motto dieser, im Inneren des Wanderns angelegten, Doppelbödigkeit eröffnete Chefdirigent Clemens Schuldt am Donnerstagabend die neue Saison des Münchner Kammerorchesters. Auf einen Elfminüter des griechischen Exilkomponisten Iannis Xenakis folgte alte Vokalmusik von Carlo Gesualdo und die Uraufführung von Jörg Widmanns neuestem Werk. Zum Schluss brillierte das Orchester mit der Großen C-Dur-Symphonie des Wanderkomponisten schlechthin - Franz Schubert.

Es sei die Lust auf etwas Leichtes gewesen, sagt Widmann, die ihn zu seiner neuesten Arbeit "Kinderreime und Nonsensverse" verleitet habe. Darin verbindet er humoristische Gedichte von Ringelnatz, Kästner und Valentin mit einem instrumental präzise ausgearbeiteten Arrangement und erschafft ein kurzweiliges Amuse-Gueule, das nach der oben erwähnten Doppelbödigkeit strebt. Dass das Werk zu oft bloß für sorgenlose, eindimensionale Lacher sorgte, liegt vor allem an dem im Kern der Arbeit angelegten Humor, der Haudrauf-Sarkasmus mit den Feinheiten echter Ironie verwechselt. Abgesehen davon gelingt es Widmann jedoch zweifelsfrei, die Stärken des Leipziger Vokalensembles Amarcord zu bündeln und mit Leichtigkeit in die komplexe Komposition einzuweben, die mit rhythmischen Brüchen und genüsslich gleitenden Dissonanzen auftrumpft.

Schade nur, dass die fünf Herren von Amarcord ihre Stimmen vorher für die drei Madrigale des italienischen Renaissancekomponisten Gesualdo im a capella entblößten. Vor allem dem ruhigen Bariton von Frank Ozimek verdanken die polyphonen Gesangsstücke ihre ganzheitliche Ausführung, denn die Tenöre drohten so manches Mal in unbekannte Höhen abzudriften. In Widmanns Stück fand Amarcord wieder zu seiner preisgekrönten Stimmigkeit zurück.

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