Kurzkritik:Körperliche Hingabe

Katja Wachters Theaterabend "Close Up"

Von Rita Argauer

Eine Beziehung eingehen, respektvoll miteinander sprechen und sich zu eventuellen Intimitäten treffen, kann eine ganz schöne Herausforderung sein. Vor allem, wenn der Mensch mehr darauf bedacht ist, in seiner Selbstinszenierung ein gutes Bild abzugeben, als sich auf den anderen einzulassen. Neu sind diese Probleme nicht, sonst gäbe es etwa die Duell-Dramen des 19. Jahrhunderts nicht. An der digitalen Kommunikation aber lassen sich diese Schwierigkeiten der Zwischenmenschlichkeit besonders gut zeigen.

Für das Bewegungsprojekt des zweiten Jahrgangs Schauspiel der Bayerischen Theaterakademie hat Katja Wachter zwei Dramen von Falk Richter collagiert und jeweils die Passagen, die die besonders drastisch verknoteten Hirne der Social-Media-Generation zeigen, frei auf acht Schauspielstudierende verteilt. Doch da, wo Richter in seinen Dramen die Einmischung von Popmusik oder Filmszenen als Emotionssubstitution wählt, kommt bei Wachters Theaterabend unter dem Namen "Close Up" die Bewegung ins Spiel. Da gibt es herrliche Momente, wenn etwa ein etwas scheuer Managertyp über sein in den USA optimiertes Business-Dasein spricht, seine Gesten aber sukzessive immer eigensinniger werden, abstruser und tänzerischer und irgendwann zu einem anarchischen Sabotageakt des zuvor Gespielten werden. Daraus entwickelt sich zu Noise-Elektro-Musik voller Moll-Sentiment eines der Gruppentanzstücke, in denen Wachter die vereinzelten Figuren immer wieder zusammenbringt und sie synchron und voller körperlicher Hingabe agieren lässt.

Die Emotionsfelder aber wiederholen sich. Wieder ein gescheitertes Paar, wieder ein hyperaktiver Workaholic, wieder eine neues Psychose - die Dramaturgie des Stücks stagniert. Das spiegelt einerseits die ewigen Kreisläufe derer, die im Alltags-Hamsterrad stecken. Andererseits wirkt es manchmal aber auch nur wie ein sehr enthusiastisches Austesten der verschiedenen Bühnenmöglichkeiten angehender Schauspieler.

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