Kurzkritik:König und Königin

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Friedemann Winklhofer schlägt zum Gasteig-Geburtstag die Orgel

Von Klaus P. Richter, München

Wer in der Gasteig-Philharmonie Beethoven, Bruckner oder Mahler hört, hat sie stets vor Augen - aber höchst selten im Ohr: die große Orgel mit ihrer Pfeifenpracht. Jetzt aber war sie der glänzende, weil bengalisch beleuchtete musikalische Star in einem Galakonzert zum dreißigsten Bestehen der Münchner Musenburg.

1985 von der Firma Johannes Klais aus Bonn nach einem Entwurf des Münchner Musikwissenschaftlers Jürgen Eppelsheim erbaut, hat sie allerhand Organisten und einen gravierenden Wandel erlebt. 2001 wurde Friedemann Winklhofer ihr Kustos und unterzog die 77 Register 2007 einer erfrischenden Klangkur, die ihr altes, klassisches Klangspektrum modifizierte: etwas mehr "Bauch" zum "Kopf". Wie sehr das ihrer Vielseitigkeit zugute kommt, demonstrierte Winklhofer jetzt mit einem launigen Programm und einem brillanten Bläserensemble. Als Virtuose, der auch im Pekinger "Grand National Theater" 2008 die Orgel eingeweiht hat, nach Gastspielen von Russland bis zu den USA jetzt ständiger Orgelstar in Dubai, reizte er das Potenzial des Instruments finessenreich bis zum Zirzensischen aus. Schließlich kann die Orgel auch Entertainment. Mit den Trompetern Hannes Läubin, Thomas Kiechle, Herbert Zimmermann und Maxime Pidoux an der Pauke führte er als Confèrencier, teils lehrreich, teils kokett durch ein Potpourri von wenig bekannten barocken Franzosen und Italienern bis zu kaum bekannten modernen Amerikanern.

Da waren ein prächtiger Triumphmarsch von Marc-Antoine Charpentier dabei, zwei gefällige Concerti von Manfredini und Vivaldi und vier Fanfaren-Stücke, in denen die Trompeten erglänzten. Entdeckungen waren die von Winklhofer arrangierte "Fanfare" von Bert Truax aus Dallas (Jahrgang 1954) und das Solotrompeten-Trio von Benjamin Britten. Zum Finale gab's dann scharfe, drive-gepfefferte spanische und mexikanische Tanzfolklore, begeistert bejubelt von einem animierten Publikum. Schade nur, dass ein ziemlich bekannter Orgelkomponist, ein gewisser J. S. Bach, nicht dabei war.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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