Kurzkritik:Knödelsoul

Nathaniel Rateliff mit den "Night Sweats" in der Muffathalle

Von Ralf Dombrowski

Im Bühnenhintergrund hängen geraffte Vorhänge von der Decke, acht Scheinwerferkränze erinnern entfernt an die Form von Kerzenleuchtern und spenden ein Effektlicht, das eher schummert, als blendet. Alles soll ein wenig heimelig wirken, wie ein Ballroom vielleicht, mit nostalgischer Note. Dazu passt auch die Musik. Denn Nathaniel Rateliff bedient sich stilistisch klar im Klangbaukasten der Sechziger- und Siebzigerjahre, lässt Assoziationen zur Spencer Davis Group ebenso zu, wie zu den Blues Brothers und dem Country Soul dezent fortschrittlicher Truckerkneipen. Diese Verwandlung vom Singer-Songwriter zum Leader einer Americana-Tingeltruppe hat er während der vergangenen fünf Jahre vollzogen, seitdem er mit The Night Sweats unterwegs ist und seine Alben beim ehrwürdigen Label Stax veröffentlicht, das einst für den etwas raueren Soul zuständig war.

Zum Start seiner Europatournee knödelt Nathaniel Rateliff in der ausverkauften Muffathalle mit Zugabe eine gute Stunde lang durch das Programm seiner zweieinhalb Platten mit der Band, mit einigen neueren Liedern wie "Hey Mama" oder "You Worry Me" bis hin zu den bislang erfolgreichsten Stücken wie "I Need Never Get Old" und der Mitsinghymne "S.O.B." als Setfinale. Und es zeigt sich schnell, wo Stärken wie auch Schwächen des Programms liegen. Denn auf der einen Seite hat die siebenköpfige Combo mit Rockbesetzung und Bläsersatz durchaus Entertainment-Qualitäten und lädt musikalisch zum Party-Soul auf Country-Folk-Basis.

Auf der anderen Seite stößt vor allem Rateliff selbst schnell an seine vokalen und gestalterischen Grenzen. Wo seine Stimme in den Solo-Projekten charmant brüchig und sympathisch quengelig wirkt, fehlt ihr an der Spitze einer lauten Band Volumen und Umfang, um vielfältig agieren zu können. Und auch die pfiffig detailreichen Studioarrangements der Stücke gehen in der Live-Verstärkung verloren, so dass am Ende eine professionell folkrockige Band mit freundlichem Frontmann übrig bleibt. Mehr aber nicht.

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