Kurzkritik:Kleine Gesten

Die neuseeländische Sängerin Lorde bezaubert im Zenith

Von Ralf Dombrowski

Bevor es richtig losgeht, läuft Kate Bush als Pausensound. Das passt, schließlich gehörte auch die längst zur Grande Dame des britischen Pop gereifte Sängerin zu den arg früh erwachsen gewordenen Musikerinnen, denen man den Überschwang der Jugend angesichts der Präzision ihrer Kunst nicht recht abnahm. Lorde wiederum veröffentlichte ihr erstes Album sechs Wochen vor ihrem 17. Geburtstag, sang Lieder über Langeweile, Pubertät, Eskapismus und das Musikbusiness, die so souverän und abgeklärt wirkten, dass sie im Eiltempo Grammys und Fans wie David Bowie oder Kanye West sammelte.

Inzwischen ist die Neuseeländerin vier Jahre älter geworden und wild entschlossen, etwas weniger introvertiert zu erscheinen. Darüber hinaus gelingt es Lorde, die Balance zwischen Nahbarkeit und großer Bühne zu wahren. Es sind die kleinen Gesten, die im Zenith bezaubern, wenn sie sich für ein Songintro mit Glockenspiel wie ein neugieriges Kind mit dem Instrument hinkniet, oder wenn sie in einer Moderation ein wenig kokett versichert, dass sie eigentlich ein schüchterner Mensch sei, am liebsten bei ihrer Familie im Garten sitze und das Leben vorbei ziehen lasse. Zugleich aber ist sie Profi genug, um das Podium mit wildem, von zwei Komparsinnen unterstütztem Tanz zu bespielen, und das Publikum mit tiefer, kraftvoller und perfekt intonierender Stimme an sich zu binden.

Lorde spielt mit den Symbolen den Stardaseins, wechselt die Kleider und Rollen vom schwarz gewandeten Vamp über die kindliche Jugendlichkeit im weiß ausgefransten Hosenanzug bis zur strahlenden Diva im hauteng blauen Glitzerensemble. Sie generiert Stimmungen von den dunkleren Liedern des Konzertanfangs bis zur Konfettikanone bei "Green Light" und verlässt sich dabei mit einer auf wenige Effekte wie drei bildhafte Neonskulpturen als Dekoration reduzierten Show ganz auf die eigene Kraft. Lorde vermittelt damit die Anmutung einer souveränen Teenagerin, die nun als junge Frau den Weg durch das Business beschreitet, den sie anfangs mit "Royals" persiflierte, ohne darüber an Charme und Selbstverständnis zu verlieren. Präsenz trifft Distanz, raffiniert austariert und bei aller Professionalität glaubhaft. Kein Wunder, dass David Bowie von Lorde fasziniert war.

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