Eigentlich ist man da skeptisch: Bilder zur Musik. Chor und Orchester des Gärtnerplatztheaters führen im Prinzregententheater Haydns Oratorium "Die Jahreszeiten" auf - und zur Musik wird ein Film mit Aufnahmen aus München gezeigt, der Gang eines Jahres und wie sich dies in der Natur widerspiegelt, beginnend mit Schnee und endend in ihm, also Ende Winter bis Anfang Winter, schön getaktet zur Musik. Der Film stammt von Meike Ebert, Raphael Kurig und Toni Schmid, der Gärtnerplatz-Intendant Josef E. Köpplinger wünschte ihn sich für die Aufführung und bekam ihn umsonst, ein offenbar lang geplantes Vorhaben, weil man die Bilder eines Jahres braucht.
Was bringen Bilder von den Jahreszeiten zu einer Musik, die die Jahreszeiten zum Thema hat? Im Fall von Haydns Oratorium überraschend viel, weil diesem ein Text zugrunde liegt, der ein wenig Aufhellung gut vertragen kann. Denn was Gottfried van Swieten aufschrieb, ist reichlich zopfig und auch schwülstig, weil er irgendwie versuchte, beides zu befriedigen, die naive Geschichte vom Landmann und der Liebe und den geistigen Gehalt der Gattung Oratorium. Jetzt sieht man viele Aufnahmen aus Münchner Biergärten, so viel zum geistigen Gehalt, betörend schöne Winterbilder und immer wieder Konstellationen mit einem feinen Witz, Swietens ungelenkes Pathos konterkarierend. Gleichwohl steht man in der Gesamtwahrnehmung vor der Entscheidung, worauf man sich am meisten konzentrieren sollte, Text, Bild oder Musik.
Am besten auf die Musik. Marco Comin dirigiert mit brillanter Akkuratesse, schafft herrlich elegante, große Bögen und elastische Steigerungen, Orchester und Chor prunken mit Farben, überrollen dabei fast die drei Solisten, es ist so etwas wie ein zweieinhalbstündiges, klingendes Erntedankfest, sauber angelegt auf der Grenze zwischen Opulenz und rhythmischer Prägnanz.