Kurzkritik:Ineinander verwoben

Sigi Zimmerschieds göttliches neues Programm

Von Oliver Hochkeppel

Es kommt selten vor, dass man als Kabarett-Rezensent vor dem Dilemma eines Film- oder Krimi-Kritikers steht. Also eigentlich kaum etwas von der Handlung verraten darf, schon gar nicht den Täter oder den Schluss. Doch Sigi Zimmerschieds neues Programm "Der siebte Tag - Ein Erschöpfungsbericht" ist eben keine der üblichen Nummernparaden, nicht einmal eine Szenen-Abfolge, sondern ein ausgewachsenes Bühnenstück, ein dichter denn je ineinander verwobener Monolog, der sich kunstvoll von einer Überraschung zur nächsten hangelt und auf eine große Auflösung hinausläuft. Das einzige, was den unvermeidlichen Verrat einiger Pointen erträglicher macht, ist, dass selbst wenn man weiß, was er spielt, man sehen muss, wie es dieser seit langem ja auch als unverwechselbarer Schauspieler präsente Berserker spielt.

Dabei geht es zunächst im Dunkeln los, mit einer Stimme aus dem Off. Die hadert mit den Launen des "Chef-Beleuchters", der nur noch mit Stoßgebeten zu seinen Aufgaben zu bewegen ist. Angesichts des Titels ahnt man, wer das ist. Und die zunehmend verzweifeltere Stimme gibt sich als die von Engelbert "Berti" Erz zu erkennen, dem Assistenten der Genesis, die doch nur das Ergebnis der alle paar Millionen Jahre stattfindenden "Galaxiade" ist, dem Wettbewerb einiger skurriler Weltenbastler. Gott will also nur spielen. Weil ihn das Projekt indes schon lange nicht mehr amüsiert, ist Berti mit seinen Ideen, ihn mit uns doch noch zu erheitern, die letzte Bastion.

Der ehemalige Theologiestudent Zimmerschied ist da natürlich ebenso in seinem Element wie der Großmeister des Sarkasmus Zimmerschied, der grandiose Mime und der immer noch zu entdeckende wichtigste Autor von Kabaretttheater. Wie im Sinne klassischer Tragödien zwangsläufig und hochphilosophisch er hier den ethischen Grundkatalog- unter anderem mit einem geradezu genial perfiden Zuschauerexperiment - hinterfragt, das ist wieder einmal ein Meisterwerk der satirischen Hochkomik.

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