Kurzkritik:Im Sog der Loops

"Phasen.Machen" von Sabine Glenz im Schwere Reiter

Von Carmen KovaCS

Als choreografische Recherche zur Musik von Steve Reich wurde Sabine Glenz' "Phasen.Machen" angekündigt. Mit drei Tänzerinnen und vier Schlagzeugern der Münchner Philharmoniker findet sie präzise Bewegungsformeln, die sich an Reichs Kompositionsprinzip des "Phasings" orientieren. Es geht um fast unmerkliche Verschiebungen mehrerer Stimmen, um die Loslösung aus dem Unisono, das Verlieren und Wiederfinden einer nicht mehr idealisierten Synchronität. Im Dialog mit drei physisch extrem präsenten Musikstücken entwickelt Glenz aus alltäglichen Bewegungen ein System von Motiven, die sich in Variationen verselbstständigen und beschleunigen oder in Loops verfangen. Wiederkehrend sind die parallel pendelnden Arme, die Stück für Stück auseinanderschlagen und als antizipatorische Geste auf die später erklingende "Pendulum Music" verweisen.

Die unerbittliche Präzision wird durch fragile Momente poetisiert, Wiederholungen entwickeln über ihre Mechanik hinaus einen Sog. Phasenweise erschöpft sich der Tanz in Laufen, Gehen, Liegen. Er fungiert als eigenwilliger und autonomer Faktor innerhalb eines streng strukturierten Gefüges. Wenn doch bloß Anne Teresa De Keersmaeker mit ihrem Stück "Fase" das alles nicht schon Anfang der Achtzigerjahre wegweisend formuliert hätte! Dann, ja dann wäre der Abend im Schwere Reiter weit mehr als eine persönliche, allerdings besonders gelungene Etappe auf einem in mehr als drei Jahrzehnten viel bewanderten Pfad.

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