Kurzkritik:Hart bis zart

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Nu-Metal lebt noch ein bisschen: Die "Deftones" in der Tonhalle

Von Jürgen Moises, München

Harte Riffs, gepaart mit Funk-, Hip-Hop- oder anderen Einflüssen und mit einem Gesang, der mal melodisch, mal geschrien oder auch gerappt sein kann. So in etwa lautete das Grundrezept des Nu Metal, das nach 20 Jahren auch nicht mehr so neu ist, wie es wohl auch in den Neunzigerjahren nie war. Dass es tatsächlich recht altbacken klingen kann, das haben Korn Anfang April im Zenith gezeigt. Dass man es auf eine lebendige Weise weiterentwickeln kann, das haben nun die Deftones in der Tonhalle bewiesen.

Im Grunde hat sich die Band aus Sacramento schon vor 17 Jahren mit ihrem wichtigsten Album "White Pony" aus der Nu-Metal-Schublade befreit. Mit einem Sound, der düster und fast sperrig klingt und der auch noch auf dem aktuellen Album "Gore" nachwirkt. Von beiden Alben waren in der vollen Tonhalle Lieder zu hören, von "White Pony" etwa "Korea" und "Back To School", mit denen die Deftones gleich recht druckvoll in das Konzert einsteigen. Und von "Gore" etwa das Titelstück oder der Opener "Prayers/Triangles", den es als Zugabe zu hören gibt.

Ansonsten gibt sich das fast zweistündige Programm bunt gemischt und zeigt von hart bis zart, vom lauten Krawall über die breitbeinige Hymne bis hin zur Beinahe-Ballade das gesamte Repertoire der Band. Chino Morenos Gesang klingt glasklar melodisch, kann aber auch in spitze Schreie übergehen oder in ansatzweisen Rap-Gesang. Da zeigt sich dann doch noch das Nu-Metal-Erbe, auch darin, dass Gitarrist Stephen Carpenter komplett auf Soli verzichtet und nur harte oder groovige Riffs unter der Langhaarmähne herausschüttelt. Dass die als Band als notorisch zerstritten gilt, merkt man nicht. Chino Moreno hüpft gut gelaunt über die Bühne oder wippt mit den Ellenbogen hin und her, was - das muss man sagen - fast schon niedlich wirkt. Aber wegen Niedlichkeiten sind die Fans nicht hier, sondern wegen der lauten, groovenden Töne, und davon gibt es bis zum deftigen Rausschmeißer "Rocket Skates" reichlich.

© SZ vom 21.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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