Kurzkritik:Gewaltiger Koloss

Taschenphilharmonie spielt Bruckner und Wagner

Von Klaus Kalchschmid

Das F-Dur-Quintett Anton Bruckners ist nicht erst in einer Streichorchesterfassung wie der von Hans Stadlmair ein symphonisches Konzentrat. Geschrieben nach der Fünften, können hier alle Aspekte von Bruckners symphonischem Komponieren "wie in einem Kunstbuch studiert werden" (Wolfgang Rathert). Und weil Peter Stangel nach Mozart, Beethoven und Brahms endlich mal einen Bruckner mit seiner Taschenphilharmonie aufführen wollte, dafür aber eine Reduktion eines der gewaltigen Kolosse doch zu hybrid erschien, ging er diesmal den umgekehrten Weg: Stangel erweiterte das solistische Streichquintett um Kontrabass, Holzbläser und zwei Hörner zu einer veritablen "Kammersinfonie". Das ergab in der Allerheiligen Hofkirche manchmal einen aparten Effekt und man glaubte sich in einem neuen Werk. Die Stringenz des reinen Streichersatzes und das fast durchweg Kammermusikalische wurden dadurch aber auch immer wieder aufgebrochen. So hörte man blechbläsergestützte symphonische Steigerungen neben schönen Holzbläser-Soli, aber in der kammermusikalischen Feinarbeit hätte man sich - etwa bei den Geigen - nicht zuletzt in der Intonation eine genauere Ausarbeitung gewünscht.

Diese Einwände gab es zuvor beim "Siegfried-Idyll" Richard Wagners nicht. Denn die Taschenphilharmonie konnte diese intime "Hausmusik", also die Vertonung häuslichen Familienglücks, bis auf den kleinen Trompeten-Part in der 13-köpfigen Originalfassung spielen, wie sie in der Villa in Tribschen zum ersten Geburtstag des Sohnes uraufgeführt wurde. Anders als bei Bruckner sind hier die Motive aus dem dritten Aufzug des "Siegfried" reizvoll mit außermusikalischer Bedeutung aufgeladen. Danach gab es als größtmöglichen Kontrast Steve Reichs "Clapping" für zwei rhythmisch mit den Händen klatschende Schlagzeuger: einmal original, einmal in einer Version zum Mitmachen, bei der die sich überlagernden rhythmischen Strukturen unbeabsichtigt noch erweitert wurden.

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