Kurzkritik:Gemeinsamer Flow

koite

Harmonie ist keine Frage der Herkunft: Habib Koité.

(Foto: Ralf Dombrowski)

Überzeugend: "Bamako" in der Muffathalle

Von Ralf Dombrowski

Politik stand nicht auf dem Plan, auch wenn es hätte sein können. Denn Bamako ist nicht nur der Bandname des Abends. Sondern auch Name der Hauptstadt Malis, die unlängst von mordenden Terrorbanden auf schreckliche Weise heimgesucht wurde. Lediglich ein Stück lang, das die Musiker als Gebet für den Frieden angesagt hatten, war in der Muffathalle ein Hauch von Melancholie zu spüren. Die übrigen eineinhalb Stunden dominierte die fein balancierte musikalische Energie, die zwischen Habib Koité und Eric Bibb flirrte, zwei Brüdern im Geiste, die stimmig und souverän Klangwelten Westafrikas und Louisianas verbinden.

Die Ursprünge ihres Trios liegen bereits in den späten Neunzigern, als ein Plattenprojekt die musikalische Entwicklungslinie von Mali nach Memphis nachvollziehen wollte und daher Habib Koité, den in Bamako lebenden Griot mit weit verzweigten familiär-kulturellen Wurzeln, und Eric Bibb, den in New York geborenen, mit Jazz und Folk aufgewachsenen, schließlich zum World Blues konvertierten Sänger und Gitarristen zusammen auf Tour schickte. Aus Promotion wurde Freundschaft, schließlich eine eigene Band, die, um den Percussionisten Mama Koné ergänzt, den musikalischen pan- afrikanischen Gemeinsamkeiten nachspürt.

Das Resultat dieser musikkulturellen Wurzelsuche klingt stimmig und überzeugend, denn die einzelnen Farben und Motive gingen auf der Bühne stellenweise so nahtlos ineinander über, dass ein Unterschied zwischen den Ursprüngen und Charakteren kaum noch zu spüren war. Denn Koité und Bibb spielten mit diesen Nuancen und Unschärfen. Als Gitarristen übernahmen sie die Pickings des jeweiligen Gegenübers, fügten sie mal in die westafrikanisch zirkulär laufende Rhythmik, mal in die Synkopenmuster des Folk Blues ein und sangen abwechselnd auf Bambara wie auf Englisch. Gemeinsam fanden sie in einen Flow der Musik, der über das Konzert hinweg immer mehr in hypnotische, in seiner klanglichen Differenziertheit auch kontemplative Momente führte.

Es war der Link zu einer Form von Kammer-Folk, der mit gestalterischer Finesse seinen Platz ebenso im Club wie im Konzertsaal beansprucht und zugleich einen derart unmittelbaren Spaß beim Spielen und Zuhören macht, dass sich die Fragen nach Stil, Herkunft, Bedeutung gar nicht erst stellen.

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