Kurzkritik:Gehörnt

Enoch zu Guttenberg und die Klangverwaltung im Herkulessaal

Von Michael Stallknecht

Das Horn ist das Schlüsselinstrument der Romantik. Was Wunder also, dass Anton Bruckner es ins Zentrum seiner Vierten Symphonie, der "Romantischen" rückte. Der Dirigent Enoch zu Guttenberg hat darum herum jetzt mit dem Orchester Klangverwaltung ein dramaturgisch sinnfälliges Programm entworfen, das den Platz des Horns in der deutschen Romantik näher auslotet. Zum Beispiel als Instrument des Titelhelden in Richard Wagners "Siegfried", aus dem der Komponist selbst sein "Siegfried-Idyll" für Kammerorchester entwickelt hat.

Auch wenn Guttenberg dessen komplexe Struktur zu Beginn nicht ganz zusammenhält, manches elegisch zerdehnt, dann wieder unvermittelt drängt. Dafür bringt er Robert Schumanns Konzertstück für vier Hörner und Orchester F-Dur op. 86 mit viel Feuer auf den Punkt. Selten zu hören, zeigt es den ganzen experimentellen Geist der Romantik, ohne aufs effektvolle Schmettern bei den vier Hornsolisten zu verzichten. Johannes Kaltenbrunner, Wolfram Richter, Alexander Boruvka und Florian Winkelmann agieren es so genau wie lustvoll gleichermaßen aus.

In Bruckners Vierter schließlich kommen nicht nur gleich sechs Hörner zum Einsatz, sie beginnt auch mit einem der heikelsten Hornsoli überhaupt. Joachim Pfannschmied setzt es als Solohornist der Klangverwaltung wunderbar sicher in das leise Zittern der Streicher, das bei Guttenberg tatsächlich pianissimo daherkommt. Schließlich hat das Orchester bereits vor zehn Jahren eine ziemlich gefeierte Aufnahme des Stücks unter seinem Chefdirigenten vorgelegt. Guttenberg ruht sich darauf nicht aus, sondern stürzt sich erneut mit Emphase, auch dem angemessenen Pathos ins Stück, entfacht die Klangballungen mit Wucht, ohne dass man über mangelnde klangliche Klarheit klagen müsste. Und wo er hier die langsamen Passagen wirklich ziemlich langsam, manchmal fastzögerlich nimmt, fügt es sich ein in den Bogen, den er über mehr als eine Stunde entwickelt.

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